Dunkle Materie und wie wir sie finden

Grundlage: Was ist dunkle Materie:

Aus Beobachtungen im Weltall, aber auch aus theoretischen Überlegungen und Simulationen wissen wir heute, dass es im Universum noch deutlich mehr Masse geben muss, als wir sehen können.

Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Rotation von Galaxien:

Die Sterne in einer Galaxie kreisen um ihren Mittelpunkt, der im Allgemeinen ein superschweres schwarzes Loch (= sehr viel Masse auf einem sehr kleinen Bereich) beinhaltet. Die Geschwindigkeit, mit der sich ein Stern auf einer Ellipse/Kreisbahn um den Mittelpunkt seiner Heimatgalaxie bewegt- die sogenannte Bahngeschwindigkeit- hängt dabei von seinem Abstand zum Zentrum und der Menge an Masse, die zwischen ihm und dem Zentrum liegt, ab.

Laut den Keplerschen Gesetzen sollte die Bahngeschwindigkeit eines Sterns bis zu einem bestimmten Maximum des Abstandes zunehmen und ab da wieder absinken (siehe Grafik 1, untere gestrichelte Kurve). Gemessen haben die Wissenschaftler:innen aber eine gleichbleibende oder sogar zunehmende Rotationsgeschwindigkeit der Sterne weiter weg vom Zentrum der Galaxien!

Eine Erklärung dafür wäre, wenn es innerhalb der Galaxien deutlich mehr Masse gibt als wir als Sterne, Gas oder Staub sehen können! Also Materie, die nicht wie alle bisher bekannten Dinge Licht aussendet oder reflektiert, sondern eben komplett „dunkel“ ist. Sie macht sich aber über ihre Masse bemerkbar, also die Tatsache, dass sie auf die Gravitationskraft reagiert.

Tatsächlich lässt sich berechnen, dass nur knapp 5% aller Masse im Universum sichtbare Materie ist. Etwa 4 mal so viel ist dunkle Materie, und der Rest die sogenannte dunkle Energie, über die noch weniger bekannt ist.

Leider wissen wir auch noch nicht, woraus die dunkle Materie genau besteht. Das herauszufinden ist tatsächlich eine der wichtigsten Fragen der heutigen Physik! Eine Hypothese besagt, dass diese große Menge an Masse in Form von einzelnen, neuen Elementarteilchen vorliegen könnte. Viele Experimente auf der ganzen Welt und auch XENON versuchen, genau diese Hypothese zu testen.

Das XENONnT-Experiment:

Und nach genau diesen Teilchen sucht das XENONnT-Experiment. Die Idee dahinter ist, die dunkle Materie „zu sehen“, indem man nachweist, dass ein WIMP mit einem normalen Materie-Teilchen zusammengestoßen ist.

Dazu haben Wissenschaftler:innen einen großen Tank mit mehreren Tonnen flüssigem Xenon gefüllt. Flüssiges Xenon ist dann relativ dicht (etwa 3 mal die Dichte von Wasser), das heißt es sind besonders viele Teilchen pro Volumeninhalt anzutreffen, was eine Reaktion mit der dunklen Materie wahrscheinlicher macht. Außerdem ist Xenon ein Edelgas, das heißt, es reagiert nur ganz wenig chemisch mit anderen Teilchen und ist nicht radioaktiv, was Fehlmessungen minimiert.

Etwa 8 Tonnen besonders reinen flüssigen Xenons befinden sich in einem großen Tank. An beiden Enden des Tanks befinden sich Detektoren, die Lichtblitze erkennen.

Stößt nun ein WIMP-Teilchen mit einem Xenon-Atom zusammen, wird das Atom kurzzeitig angeregt, (das heißt Elektronen auf eine höhere Quantenbahn gebracht). Nach kurzer Zeit kommt es dann zu einer Abregung (= die Elektronen fallen wieder in den Grundzustand zurück). Dabei entsteht ein Lichtblitz, der mit den Detektoren gesehen werden kann (S1). Elektronen die bei dem Stoß mit dem WIMP aus den Xenon-Atomen herausgeschlagen werden, werden dann mit Hilfe eines elektrischen Feldes zu den Detektoren geleitet und erzeugen dort einen weiteren, größeren Lichtblitz (S2).

So ein Doppelsignal (siehe Abb. 4) kann dann ein eindeutiger Hinweis auf ein Dunkle-Materie-Teilchen sein. Um als Ursache andere Teilchenreaktionen auszuschließen, muss das Verhältnis der Intensitäten (der „Fläche“) der beiden Lichtblitze sowie ihr zeitlicher Abstand zueinander genau stimmen.

Bisher sind noch keine WIMPs nachgewiesen worden, auch keine anderen Kandidaten für Dunkle Materie. Die Forschenden sind aber voller Hoffnung, dass wir in den nächsten Jahren etwas entdecken werden!!

Der Name XENONnT beruht auf der Menge an verwendeten Xenon- zur Zeit sind es etwa 8 Tonnen. Das XENON Experiment startete 2006 mit etwa 15kg Xenon, die Menge wurde im Laufe der Zeit weiter erhöht, um die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion mit WIMPs zu erhöhen.

Am Xenon Dark Matter Projekt sind zur Zeit über 180 Wissenschaftler:innen aus über 11 Nationen beteiligt. Aus Deutschland sind das Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg (MPIK), die Universitäten in Freiburg, Mainz und Münster sowie das KIT in Karlsruhe an XENON beteiligt. Die Gruppe am MPIK hat auf allen Ebenen zum Erfolg von XENONnT beigetragen: Von der Planung und dem Aufbau des Experiments bis hin zu seinem Betrieb und der Datenanalyse. Die MPIK-Gruppe ist dabei vor allem spezialisiert auf das Verständnis, die Messung und Unterdrückung des radioaktiven Hintergrunds, der für die Suche nach WIMP-Teilchen aus dunkler Materie unerlässlich ist.

Was macht das XENONnT-Experiment so besonders?

Der Nachweis der WIMPs ist ziemlich aufwendig. Das liegt nicht nur daran, dass sie sehr selten mit normaler Materie interagieren, sondern auch, dass das Signal, dass sie erzeugen, leicht mit anderen Reaktionen verwechselt werden kann. Deshalb müssen die Wissenschaftler:innen beim Bau des Detektors alle möglichen „Verschmutzungen“ vermeiden.

Am wichtigsten ist dabei die natürliche Radioaktivität, die jedes Material besitzt. Alle Materialien sind sehr gründlich auf radioaktive Zerfälle getestet worden und nur die strahlungsärmsten Materialien werden verbaut.

Außerdem müssen Ionisationen, die etwa von Teilchen von der Sonne oder dem Weltall (kosmischer Strahlung) ausgelöst werden, unterdrückt werden. Dazu ist der Xenon-Detektor in einem großen Tank mit hochreinem Wasser aufgehängt, damit diese Teilchen hier erkannt werden können.

Und um überhaupt erst zu vermeiden, dass zu viele solcher Teilchen von außen auf das Experiment Einfluss nehmen könne, wurde das XENON-Experiment fast 1400 Meter unter der Erdoberfläche aufgebaut- neben einem Autobahntunnel im Gran Sasso Gebirge in Italien.

Website der Kollaboration: https://xenonexperiment.org/

Zusammenhang zum Exponat:

Das Exponat verdeutlicht den Nachweis von WIMP-Teilchen im Xenon-Detektor. Die schwarzen Billiardkugeln stellen die WIMPs dar, denen man mit dem Queue (Kö ausgesprochen, das ist der Billiardstab) Energie gibt. Die kleinen grünen Kugeln stellen die Xenon-Atome dar, die im Detektor vorhanden sind. Ein Nachweis der WIMPs mit dem Detektor wird dadurch simuliert, dass man das Xenon-Atom nach einem Zusammenstoß mit einem WIMP-Teilchen „detektiert“, in dem sie durch das Loch fallen. dadurch wird ein Doppelsignal am Detektor ausgelöst. „Fehlsignale“ gibt es wie im realen Experiment, hier etwa dadurch, dass eine Xenon-Kugel ohne Kontakt zur Dunklen Materie in ein Loch fällt.

Das Exponat verdeutlicht so den Nachweis der WIMP-Teilchen über einen Zusammenstoß und nachfolgende Detektion mit einem Xenon-Atom.