CONUS+ startet Datennahme am KKL Leibstadt/CH

Beim CONUS-Projekt geht es um die spannenden Eigenschaften von Neutrinos, schwach wechselwirkende Teilchen, die nur extrem schwer nachzuweisen sind. In Kernreaktoren werden Neutrinos, genau genommen Antineutrinos, in sehr großer Zahl erzeugt. Zum Nachweis von Neutrinos werden typischerweise Detektoren mit sehr vielen Tonnen Gewicht benötigt. Im CONUS-Experiment hingegen sollen Neutrinos aus Kernreaktoren erstmals über die sogenannte kohärente Streuung an Atomkernen mit nur 4x1 kg schweren Halbleiterdetektoren aus Germanium nachgewiesen werden, eine Herausforderung, die bisher noch niemandem gelungen ist.

Dazu wurde das CONUS-Experiment zunächst am Kernkraftwerk in Brokdorf installiert, welches dort zwischen 2018 und 2022 für fast 5 Jahre Daten genommen hat. Die Empfindlichkeit des Experiments konnte kontinuierlich gesteigert werden. Aufgrund von bis vor kurzem unzureichend untersuchten Materialeigenschaften des Germaniums, gestaltet sich der Nachweis schwieriger als ursprünglich erwartet. Aus der Analyse der umfangreichen letzten Daten erwartet man eine Obergrenze, die nur noch weniger als einen Faktor 2 vom Signal entfernt ist. Daraus lassen sich aber bereits schon verschiedene wichtige Informationen über neue physikalische Prozesse jenseits des Standardmodells der Teilchenphysik gewinnen.

Nach der Abschaltung des Kernreaktors in Brokdorf konnte am Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) in der Schweiz für den deutlich verbesserten Detektor, CONUS+, eine neue Heimat in 21 m Entfernung zum Reaktorkern gefunden werden (siehe Abb. 1). An dieser Position strömen jede Sekunde mehr als 10 Billionen Neutrinos durch jeden Quadratzentimeter Fläche. Vor dem Umzug wurden die Germanium Detektoren überarbeitet und auch die Abschirmung gegen Störstrahlung aus der Umgebung deutlich verbessert. Am neuen Standort steigt die erwartete Signalrate der Reaktor-Neutrinos gegenüber der Messung in Brokdorf um mehr als das Zehnfache

Durch das ausgezeichnete Wechselspiel zwischen Wissenschaftlern, Werkstätten und Verwaltung am MPIK sowie verschiedenen Abteilungen des KKL konnten die Installationsarbeiten im Sommer 2023 in Rekordzeit erfolgreich abgeschlossen werden. Der Start der Datennahme erfolgte schließlich am 09.November 2023 und in den ersten Wochen Messzeit sind bereits erste vielversprechende Neutrinodaten gesammelt worden, die bereits hunderte Neutrinos enthalten sollten. Mit der weiteren Datennahme soll der Neutrinofluss am Reaktor mit dieser Technologie erstmalig bestimmt werden. Hierzu werden zusätzliche, notwendige Daten erhoben, während der Reaktor für Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten im kommenden Frühjahr abgeschaltet ist. Aus den Ergebnissen des Experiments erhofft man sich den erstmaligen Nachweis von niederenergetischen Reaktor-Neutrinos über die kohärente Streuung und neue, bahnbrechende Einblicke in die faszinierende Welt der Elementarteilchen.


Weblinks:

Projekt CONUS (Abteilung „Teilchen- und Astroteilchenphysik“ am MPIK): Nachweis kohärenter Neutrino-Kern-Streuung

Video: Installation des CONUS+-Detektors


Kontakt

Dr. Christian Buck
Tel.: +49 6221 516-829

Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Lindner
Tel.: +49 6221 516-800

Dr. Werner Maneschg
Tel.: +49 6221 516-287


Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Dr. Renate Hubele / PD Dr. Bernold Feuerstein
Tel.: +49 6221 516-651 / +49 6221 516-281


Abb-Conus_.jpg
Abb. 1: Position des CONUS+-Detektors am KKL Leibstadt/CH (Modell).