Das Stereo-Experiment hat auf der Konferenz "Rencontres de Moriond" seine neuesten Ergebnisse vorgestellt. Diese schließen den größten Teil der wahrscheinlichsten Parameter eines hypothetischen vierten Neutrinos aus. Außerdem gelangen absolute Messungen der Rate und des Energiespektrums von Reaktorneutrinos.
Neutrinos sind als schwer nachweisbare Elementarteilchen bekannt. Sie entstehen im Inneren von Sternen, in Teilchenbeschleunigern, in anderen Hochenergieprozessen oder in Kernreaktoren. Neutrinos tragen keine elektrische Ladung und wechselwirken kaum mit anderer Materie. Man kennt derzeit drei verschiedene Neutrinoarten: Elektron-, Myon- und Tauneutrinos. Die 20 Jahre alte erstaunliche Entdeckung, dass Neutrinos ihre Art ändern („oszillieren”) können während sie sich ausbreiten, wurde 2015 mit dem Nobelpreis gewürdigt.
Gibt es mehr als drei Neutrinoarten? Verschiedene experimentelle Ergebnisse, insbesondere die Reaktor-Neutrino-Anomalie (es werden weniger Neutrinos gemessen als erwartet), lassen sich mit der Existenz eines vierten Neutrinos besser erklären. Mit einer Masse im Bereich von 1 eV wäre dieses „sterile Neutrino” schwerer als die drei bekannten Neutrinoarten. Das STEREO-Experiment zielt darauf ab, die Existenz dieses hypothetischen Teilchens entweder zu bestätigen oder zu widerlegen.
Das deutsch-französische STEREO-Experiment vermisst hierzu exakt die Raten und die Energieverteilungen der im Kernreaktor des Institut Laue-Langevin (ILL, Grenoble) erzeugten Neutrinos, und zwar in sechs aufeinanderfolgenden identischen Detektorzellen. Ein viertes Neutrino würde mit den bekannten Neutrinos oszillieren, was die Energiespektren in den einzelnen Detektorzellen jeweils auf charakteristische Weise verändern würde. Die neuesten Ergebnisse beruhen auf dem Nachweis von etwa 65 Tausend Neutrinos und die gemessenen Spektren in den einzelnen Zellen sind innerhalb der Meßgenauigkeit identisch. Sie schließen daher den größten Teil des möglichen Existenzbereichs steriler Neutrinos aus (siehe Abbildung 1). Die Messungen laufen aber weiter und erkunden den noch verbliebenen Parameterbereich für sterile Neutrinos.
Aufgrund der hohen Anreicherung von 235U im ILL-Reaktorkern misst STEREO praktisch nur Neutrinos aus der Spaltung dieses Isotops. Aus den neuesten Daten ließ sich die absolute Rate (Abbildung 2) dieser Neutrinos bestimmen, und das STEREO-Experiment präsentierte eine der präzisesten Messungen für diesen Parameter. Dies hat auch Auswirkungen auf die Reaktor-Neutrino-Anomalie. Die Form des Energiespektrums (Abbildung 3) stimmt sehr gut mit dem für 235U erwarteten überein, allerdings sind bei den höchsten Energien oberhalb von 6,3 MeV Abweichungen zu sehen. Die zukünftigen Messungen werden auch hier die Genauigkeit weiter verbessern. Diese Ergebnisse sind von weitreichender Bedeutung für das Verständnis der Daten anderer Reaktorneutrino-Experimente an konventionellen Reaktoren.
Das STEREO-Experiment wird von einem Team aus Wissenschaftlern von Irfu-CEA Saclay, Institut Laue-Langevin (ILL), Annecy’s Particle Physics Laboratory (LAPP), Grenoble’s Subatomic Physics and Cosmology Laboratory (LPSC) und dem Max-Planck-Institut für Kernphysik (MPIK) betrieben. Die Gruppe am MPIK leistete wesentliche Beiträge, sowohl zum Bau des STEREO-Detektors als auch in der Analyse der Daten. So wurden am MPIK die Detektorflüssigkeiten entwickelt, produziert und charakterisiert. Speziell der Gadolinium-beladene Flüssigszintillator, der das Herz des Detektors bildet, stammt vom MPIK. Ein weiterer entscheidender Beitrag sind die Füllsysteme und die Lichtsensoren zur Messung der Lichtsignale nach der Neutrinoreaktion im Detektor. Im Bereich der Analyse ist die MPIK-Gruppe bei der Energierekonstruktion und der Effizienzbestimmung aktiv und leitet derzeit die Analysekoordination.
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Erste STEREO-Ergebnisse bringen ein viertes Neutrino in Bedrängnis (21.03.2018)
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Kontakt:
Prof. Dr. Dr.h.c. Manfred Lindner
E-Mail: manfred.lindner@mpi-hd.mpg.de
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Dr. Christian Buck
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