ERC Advanced Grant für MPIK-Gruppenleiter Sven Sturm

In der jüngsten Ausschreibungsrunde des European Research Council (ERC) hat Priv. Doz. Dr. Sven Sturm einen der renommierten ERC Advanced Grants mit einem Umfang von etwa 2,5 Millionen Euro eingeworben. Sein Projekt LSym möchte dem Geheimnis der Antimaterie weiter auf den Grund gehen. Am MPIK ist dies bereits der dritte erfolgreiche Antrag eines ERC Advanced Grants.

Warum besteht unser Universum fast ausschließlich aus Materie und nicht etwa aus Antimaterie? Tatsächlich besagen unsere heutigen Theorien der Physik, dass im Urknall fast identische Mengen an Materie und Antimaterie entstanden sein müssten. Dass unser Universum heute aber nahezu keine Antimaterie mehr enthält, lässt sich damit nicht erklären.

Die Lösung dieses großen Rätsels scheint eng mit den fundamentalen Eigenschaften von Materie und Antimaterie verbunden zu sein. Unser Standardmodell, also die Zusammenfassung unseres heutigen Wissens über fundamentale Wechselwirkungen, beinhaltet eine tiefe Symmetrie von Materie und Antimaterie, die sogenannte CPT (charge-parity-time) Symmetrie. Konkret bedeutet dies, dass die grundlegenden Eigenschaften, wie beispielsweise Masse, Ladung und magnetische Momente, von Materie und Antimaterie (bis auf das Vorzeichen) identisch sein müssen. Genau diese Anti-/Materie-Symmetrie möchte Dr. Sven Sturm mit seinem neuartigen Experiment „LSym (Lepton Symmetry Experiment)“ auf die Probe stellen, denn falls sie auch nur ganz geringfügig verletzt sein sollte, hätte dies ganz entscheidende Bedeutung für unser Verständnis der Physik.

Dazu werden der Forscher und sein Team jeweils ein einziges Elektron und sein Antimaterie-Äquivalent, das Positron, erstmals gleichzeitig in einer neuartigen Penningfalle speichern und auf 14 Stellen genau vermessen – Größenordnungen genauer als dies bisher möglich war. Im extrem starken Magnetfeld dieser Falle drehen sich („präzedieren“) die Spins beider Teilchen, ähnlich wie mikroskopische Kreisel, sehr schnell um die Magnetfeldachse der Falle. Falls beispielsweise das Positron geringfügig leichter sein sollte als das Elektron, könnte dies im Experiment als ein winziger Unterschied in der Drehgeschwindigkeit detektiert werden. Um die angepeilte Genauigkeit erreichen zu können müssen die Teilchen aber extrem kalt sein, nämlich im quantenmechanischen Grundzustand der Bewegung. Sie bilden dann einen sogenannten Coulomb-Kristall. „Die dazu notwendigen neuen Technologien zu entwickeln wird eine der ersten Herausforderungen für das Projekt sein, aber ich bin zuversichtlich, dass uns dies gelingen wird“, erläutert Sturm. „Am Max Planck Institut für Kernphysik (MPIK) in Heidelberg sind hierfür beste Voraussetzungen, da wir einerseits auf jahrelange Erfahrung mit Hochpräzisionsexperimenten in Ionenfallen zurück greifen können, also auch hervorragende Werkstätten vor Ort zur Verfügung haben. Zudem arbeiten wir eng mit der Theorieabteilung am Institut zusammen, um die für eine Messung nötigen Beiträge der Quantenelektrodynamik genau vorhersagen zu können“, fügt er hinzu.

Wenn dies gelingt, wird LSym den weltweit empfindlichsten Test der Materie-Antimaterie-Symmetrie für Leptonen durchführen und so zur Lösung des Rätsels der Materie/Antimaterie-Asymmetrie in unserem Universum beitragen.

Priv. Doz. Dr. Sven Sturm ist Gruppenleiter in der Abteilung Blaum am MPIK. Er studierte an der Universität Heidelberg Physik, bevor er 2012 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit Auszeichnung promovierte. Seitdem ist er als Wissenschaftler am MPIK tätig und für mehrere bahnbrechende Ergebnisse in der Bestimmung etwa der Elektronen- oder Protonenmasse verantwortlich.

Die ERC Advanced Grant gehören zu den renommiertesten und wettbewerbsfähigsten EU-Förderprogrammen und bietet Forscher:innen die Möglichkeit, ehrgeizige, von Neugier getriebene Projekte zu verfolgen, die zu großen wissenschaftlichen Durchbrüchen führen könnten. Sie werden an etablierte, führende Forscher vergeben, die in den letzten zehn Jahren nachweislich bedeutende Forschungsergebnisse erzielt haben.

Im diesjährigen Verfahren wurden 218 europäische Anträge erfolgreich in die Förderung aufgenommen, davon gehen 37 nach Deutschland. Insgesamt wurden hierfür 544 Millionen Euro Forschungsgelder bewilligt. Die Erfolgsrate bei den Anträgen entspricht dabei 13, 2%.

Mehr Informationen unter ERC Pressemitteilung

Kontakt

Priv. Doz. Dr. Sven Sturm

Tel: 06221 516-447

Email: sven.sturm@mpi-hd.mpg.de


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