Nachruf auf Bogdan Povh

Am 14. Februar 2024 verstarb im Alter von 91 Jahren Professor Dr. Bogdan Povh, Emeritiertes Wissenschaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts für Kernphysik, Heidelberg. Das Institut verliert mit Bogdan Povh eine bedeutende Forscherpersönlichkeit.

Bogdan Povh wurde 1932 in Belgrad geboren. Wenige Jahre später zog die Familie nach Ljubljana (Slovenien) wo er seine Schulzeit verbrachte und 1950 an der Universität mit dem Physik Studium begann welches er 1955 mit dem Diplom abschloss. Es folgte ein einjähriger Militärdienst in der Jugoslawischen Armee bevor er im Herbst 1956 eine Stelle als Assistent von Črtomir Zupančič am Jožef-Stefan-Institut annahm. Zupančič (später Professor an der Ludwig-Maximilians Universität in München), der auf einer Konferenz in Kopenhagen Charles Lauritzen und dessen Sohn Thomas getroffen hatte, beide Pioniere der experimentellen Kernphysik und am Caltech in Pasadena, organisierte für seinen Doktoranden dort einen Forschungsaufenthalt. Und so kam es, dass Bogdan Povh vor(!) seiner Promotion 1960 für einen 2-jährigen "Post-Doc" 1957-1959 zum Caltech in die Gruppe des späteren Nobelpreisträgers William Fowler kam. Die Zeit in Pasadena, und insbesondere die Freundschaften, die er dort mit anderen Postdocs schloss, sollten seinen weiteren Lebensweg entscheidend prägen. Zurück in am Jožef-Stefan-Institut in Ljubljana promovierte er mit einer Arbeit zu angeregten Zuständen des Sauerstoff-15 Kerns.

Die schwierigen Bedingungen in seiner slowenischen Heimat zwangen Bogdan Povh im Sommer 1962 Jugoslawien zu verlassen und so wechselte er – dank seiner Verbindungen aus der Zeit bei Caltech – nach Freiburg i. Br. auf eine Assistentenstelle bei Theodor Schmidt. Nur zwei Jahre später, 1964, habilitierte er sich dort mit einer Arbeit über tiefliegende angeregte Kernzustände in Neon-22. Bereits im Folgejahr 1965 wurde Povh an die Heidelberger Universität berufen. Einige Jahre zuvor, 1958, war Wolfgang Gentner (auch aus Freiburg) als Gründer des Max-Planck-Instituts für Kernphysik nach Heidelberg gekommen. Er setze sich dafür ein, dass Bogdan Povh zunächst 1972 Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied wurde und 1975 dem Ruf als Wissenschaftliches Mitglied an das Institut folgte. Povh blieb dort bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2000.

Bogdan Povh war ein ideenreicher und inspirierender Physiker, der seinen vielen Schülern einen intuitiven und tiefen Zugang zur Physik mitgegeben hat und dem es gelang, unterschiedliche Wissenschaftsgebiete zu verbinden. In vielen Gebiete hat er so eine Spur hinterlassen. Vielleicht am herausragendsten waren seine raffinierten Experimente in den 1970er Jahren zu Kernen in denen ein Neutron durch ein Hyperon ersetzt wurde: „Hyperkerne“. Er schlug damit eine Brücke zwischen traditioneller Kernphysik und Teilchenphysik. Er war einer der Pioniere der Hadronenphysik, die ihn sein ganzes Leben beschäftigt hat. Hierzu hat er Experimente am CERN, am DESY und am amerikanischen Forschungslabor FNAL gemacht. Seine vielen originellen Ansätze konnte er durch die geschickte Nutzung bereits existierender experimenteller Anlagen sehr effektiv verfolgen.  Sein Vermächtnis geht aber über seine wissenschaftlichen Beiträge hinaus.  Er hat eine physikalische Schule begründet, deren viele Schüler sehr erfolgreich an vielen deutschen Universitäten Institute und Lehrstühle führen und geführt haben. Für diese herausragenden Leistungen wurde er unter anderem mit der Stern-Gerlach-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft ausgezeichnet.

Am MPI für Kernphysik war Bogdan Povh von 1985 bis 1987 Geschäftführender Direktor. In diese Zeit fielen unter seiner aktiven Beteiligung wichtige Weichenstellungen für die zukünftige Entwicklung des Instituts. So wurde ein völlig neuartiger Speicherring für Schwerionen aufgebaut, der nicht nur als Prototyp für eine gleichartige Anlage an der GSI in Darmstadt diente. Vielmehr entwickelte sich hier in der späteren Abteilung von Dirk Schwalm eine eigene und sehr erfolgreiche Forschungsrichtung auf den Gebieten der Atom-, Molekül und Laborastrophysik, die heute in der Abteilung von Klaus Blaum mit dem weltweit einzigartigen kryogenen Speicherring CSR eine Spitzenstellung einnimmt.

Umfangreich war auch die publizistische Tätigkeit von Bogdan Povh: So war er langjähriger Chefredakteur der Zeitschrift für Physik A und Autor mehrerer physikalischer Lehrbücher. Sein Verständnis der Kern- und Teilchenphysik spiegelt sich in seinem Lehrbuch „Teilchen und Kerne“ wider, welches 1993 erstmal erschien und inzwischen ein Standardwerk geworden ist, das Generationen von Studenten geprägt hat (und weiter prägen wird). Zuletzt erschien 2016 das populärwissenschaftliche Werk „Von den Tiefen des Alls in den Mikrokosmos“ als kurzweilige Reise durch die moderne Physik.

Das Max-Planck-Institut für Kernphysik nimmt in Dankbarkeit Abschied von Bogdan Povh und wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

(Elisabeth Soergel / MPI für Kernphysik)

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Prof. Dr. Bogdan Povh (1932-2024)