Mit dem Zweiten sieht man besser

Jeden einzelnen Tag wird unser Planet mit extrem energiereicher Strahlung aus dem Weltraum bombardiert, Die Untersuchung dieser Strahlung hilft Astronom:innen, einige der Geheimnisse zu lüften, die der Weltraum noch für uns bereithält. Während unsere Atmosphäre diese sehr energiereichen Photonen, die so genannten Gammastrahlen, sehr effektiv von der Erdoberfläche abschirmt, erzeugen diese aber durch die Wechselwirkung mit den Molekülen der Atmosphäre Teilchenschauer.

Eine Methode zum Aufspüren dieser Schauer ist die Verwendung von Arrays aus lichtdichten, mit Wasser gefüllten und mit Lichtsensoren ausgestatteten Detektoreinheiten. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist das HAWC-Experiment in Mexiko. Zurzeit befindet sich das Southern Wide Field Gamma-ray Observatory (SWGO) in der Entwicklung und soll das erste hoch gelegene Gammastrahlen-Observatorium werden, das den südlichen Himmel umfassend abdeckt. SWGO wird die Untersuchung interessanter Regionen wie des galaktischen Zentrums, sowie die Erforschung etwa von kurzlebigen Himmelsereignissen oder die Suche nach dunkler Materie ermöglichen.

Um dies zu erreichen, wird SWGO tausende mit Wasser gefüllte Detektoreinheiten in großer Höhe in Südamerika aufstellen. Diese Einheiten könnten in der Form von Blasen produziert werden, die entweder in einem Feld von sehr vielen Tanks eingebaut werden, oder in einem natürlichen oder künstlichen See versenkt werden. Das Max-Planck-Institut für Kernphysik (MPIK) ist maßgeblich an der Entwicklung von Prototypen für die Hardware und Software von SWGO beteiligt. Zu diesem Zweck wurde am MPIK ein Seesimulationsbecken mit einer Tiefe von 7 Metern und einem Durchmesser von 10 Metern gebaut, in dem in den letzten Jahren Prototypen dieser Detektoren untersucht wurden.

 

Das SWGO-Observatorium eruiert verschiedene Designoptionen für die Detektoren, darunter ein zweilagiges Design anstelle des üblicherweise verwendeten einlagigen Designs. Die zusätzliche untere Detektorschicht kann Myonen aus hadronischen Teilchenschauern, die durch kosmische Strahlung ausgelöst werden, effektiv erkennen und so das Hintergrundrauschen erheblich reduzieren. Die Entwicklung dieser Zweilagendetektoren stellte jedoch eine Herausforderung dar, vor allem weil es keine Technologien zur Beschichtung der Innenseite der unteren Schicht mit einem reflektierenden Material gibt. Diese reflektierende Beschichtung ist für die Optimierung der Lichtdetektion im Zweilagendesign entscheidend.

Den Wissenschaftler:innen am MPIK ist hier nun ein Durchbruch gelungen, indem sie den ersten voll funktionsfähigen Zweilagendetektor für SWGO entwickelt haben. Sie entwarfen eine flexible Kammer, die vollständig aus reflektierendem Material besteht, die so genannte "Matroschka", die in eine größere Kammer eingesetzt werden kann. "Unser Aufbau verfügt über einen Mechanismus, mit dem er kompakt zusammengefaltet und so in eine größere Detektoreinheit eingesetzt werden kann. Im Inneren entfaltet sich die Matroschka und wird zur unteren Schicht des zweischichtigen Detektors, der für das SWGO-Basiskonzept vorgesehen ist", erklärt Hazal Göksu, eine Doktorandin des Projekts.

Nach monatelanger Entwicklung, Tests und Vorbereitungen wurde der erste Prototyp dieses einzigartigen Detektors erfolgreich im Seesimulationsbecken des MPIK eingesetzt. Dieser erste zweilagige Prototyp ermöglicht mechanische Studien und eine umfassende Bewertung der einzelnen Komponenten des Detektors. Darüberhinaus hat das Projekt mit der erfolgreichen Installation der Matroschka nun die ersten Datensätze erhalten, die Myonensignale sowohl in der oberen als auch in der unteren Kammer zeigen. Dies bestätigt die Funktionsfähigkeit des Aufbaus und bietet die Möglichkeit, die Ergebnisse von Simulationen mit realen Daten zu vergleichen. Göksu fügt begeistert hinzu: "In naher Zukunft werden Tests mit wenigen Dutzend solcher Zweilagendetektoren folgen, schlussendlich mit Tausenden. Dieser wichtige Schritt wird uns der Entschlüsselung der verbleibenden Geheimnisse des Weltraums näher bringen."

Kontakt

Prof. Dr. Jim Hinton
E-Mail: jim.hinton@mpi-hd.mpg.de
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Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Dr. Renate Hubele / PD Dr. Bernold Feuerstein
Tel.: +49 6221 516-651 / +49 6221 516-281
oea@mpi-hd.mpg.de


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Einbringen des neuen Detektor-Prototyps für SWGO in den Gewässersimulationstank am MPIK

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Aufbau des neuartigen 'Matroschka" Detektor.