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Nachrichten-Archiv 2020

13.11.20 | Präzisionsmessungen
Übersichtsartikel zum Test der Grundlagenphysik mittels Penningfallen

In Penningfallen werden geladene Teilchen durch elektromagnetische Kräfte unter gut kontrollierten Bedingungen für nahezu unbegrenzte Zeit gespeichert. Für die Beobachtung einzelner gespeicherter Ionen wurden hochempfindliche Nachweismethoden entwickelt. Durch den Einsatz verschiedener Kühlmethoden kann die Energie des in einer Penningfalle gespeicherten Teilchens so weit reduziert werden, dass es sich fast in Ruhe befindet.

In einem kürzlich in Quantum Science and Technology veröffentlichten Artikel geben K. Blaum, S. Eliseev und S. Sturm einen Überblick über die einzigartigen Möglichkeiten, die sich durch hochgeladene Ionen (highly charged ions, HCIs) für Präzisionsmessungen in Penningfallen bieten. Präzise Atom- und Kernmassen sowie magnetische Momente gebundener Elektronen erlauben unter anderem die Bestimmung fundamentaler Konstanten wie der Elektronenmasse oder die Durchführung strenger Tests grundlegender Wechselwirkungen wie der Quantenelektrodynamik gebundener Zustände.
Die Autoren erörtern aktuelle Ergebnisse und Zukunftsperspektiven der hochpräzisen Penningfallen-Spektroskopie mit HCIs.

Weitere Informationen finden Sie im Übersichtsartikel ... >

03.09.20 | Präzisionsmessungen
LIONTRAP-Massenmessungen des Deuterons und des HD+ Molekülions mit Rekordpräzision

Das Elektron, das Proton und das Neutron sind fundamentale Bausteine der Materie. Ihre Massen und die Massen ihrer einfachsten Kombinationen, aus denen die leichtesten Atomkerne gebildet werden, liefern quantitative Verbindungen zwischen einer Vielzahl von Observablen in Atomen und Molekülen.
Die Masse des Protons mp ist z. B. wesentlich für spektroskopische Untersuchungen an Wasserstoff und myonischem Wasserstoff, da sie zur hochpräzisen Bestimmung der Rydberg-Konstanten oder des Protonenradius benötigt wird. Des Weiteren ist das Massenverhältnis von Proton zu Elektron mp/me ein zentraler Parameter in vielen atomphysikalischen Experimenten. Die Masse des Deuterons (Atomkern bestehend aus einem Proton und einem Neutron) ermöglicht in Verbindung mit seiner gemessenen Kernbindungsenergie die sehr genaue Bestimmung der Neutronenmasse. Die hochpräzise Massendifferenz von Triton (Atomkern bestehend aus einem Proton und zwei Neutronen) und Helion (Atomkern von 3He, bestehend aus zwei Protonen und einem Neutron) ist von großer Bedeutung für das KATRIN (KArlsruhe TRItium Neutrino) Experiment.
Die gegenwärtig präzisesten Werte für diese fundamentalen Parameter stammen von Penningfallen-Massenspektrometrie, welche relative Massenunsicherheiten im Bereich von 10−11 erreicht. Die genauesten Massenwerte leichter Ionen, die von Spektrometern weltweit gemessen wurden, zeigen jedoch Inkonsistenzen, die durch den Term Δ=mp+md-mHe ausgedrückt werden können. Dies wird als das "light ion mass puzzle" bezeichnet. Dieser Wert kann entweder aus einer Messung des Massenverhältnisses von 3He+ und HD+ oder den Massenmessungen von Proton, Deuteron und Helion in atomaren Masseneinheiten abgeleitet werden. Beide Werte unterscheiden sich um fünf Standardabweichungen. Das weist darauf hin, dass die Unsicherheit dieser wichtigen Massenwerte möglicherweise unterschätzt wurde.

In einem kürzlich in "Nature" veröffentlichten Artikel präsentieren S. Rau et al. die Ergebnisse von absoluten Massenmessungen des Deuterons und des HD+ Molekülions gegenüber 12C als Massenreferenz. Die Messungen wurden mittels LIONTRAP (Light ION TRAP) durchgeführt, einem kryogenen Penningfallen-Massenspektrometer, das für Massenmessungen von verschiedenen leichten Ionen mit höchster Präzision an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz aufgebaut wurde.
In einer Penningfalle wird ein einzelnes geladenes Teilchen gespeichert, indem das Ion durch ein starkes homogenes Magnetfeld in radialer Richtung eingesperrt wird und durch ein elektrisches Quadrupolpotential in axialer Richtung eingeschlossen wird. Dies führt zu einer Bewegung des gespeicherten Ions, die in drei harmonische Eigenbewegungen zerlegt werden kann: die modifizierte Zyklotronbewegung mit der modifizierten Zyklotronfrequenz ν+, die sehr langsame Magnetronbewegung mit der Magnetronfrequenz ν- und die Schwingung in axialer Richtung mit der Axialfrequenz νz. Die tatsächliche Zyklotronfrequenz νc=(1/2π)·(q/mB eines gespeicherten Ions mit Ladung q und Masse m lässt sich aus dem Invarianztheorem berechnen: νc=(ν+2+νz2+ν-2)1/2
Bei Penningfallen-Massenverhältnismessungen wird die Zyklotronfrequenz νc des untersuchten Ions mit der Zyklotronfrequenz νcref eines Referenzions im selben Magnetfeld B verglichen: m=(q/qref)·(νcref/νcmref
Die Massenmessungen beruhen folglich auf der hochpräzisen Messung des Zyklotronfrequenz-Verhältnisses νcref/νc. Da die atomare Masseneinheit u einem Zwölftel der Masse eines 12C-Atoms entspricht, wurde 12C als Massenreferenz eingesetzt. Für die Messung der Deuteronenmasse md mit LIONTRAP wurde 12C6+ als Referenzion verwendet. Für die Massenmessung des HD+ Molekülions wurde 12C4+ als Referenzion benutzt. Idealerweise muss das Frequenzverhältnis νcref/νc simultan an der selben Stelle in der Falle gemessen werden, damit die Magnetfeldfluktuation aufgehoben wird. Bei LIONTRAP nähert man sich diesem idealen Messprinzip durch die Verwendung einer Präzisionsfalle (PT) und zweier separaten Speicherfallen (ST-I, ST-II). Indem das untersuchte Ion (Deuteron bzw. HD+) und das Referenzion (12C6+ bzw. 12C4+) zwischen den beiden Speicherfallen und der PT hin- und hertransportiert werden, lässt sich die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Messungen der Zyklotronfrequenz minimieren. Zudem garantieren die identischen elektrischen Feldkonfigurationen für beide Ionen die identische Position der Ionen in der PT und somit das selbe Magnetfeld für die Messung von νcref/νc.
Bei LIONTRAP kann die Axialfrequenz νz durch den Nachweis der Spiegelströme bestimmt werden, die durch die axiale Bewegung des untersuchten Ions in den Fallenelektroden induziert werden (sog. "Dip"-Spektrum). Die modifizierte Zyklotronfrequenz ν+ und die Magnetronfrequenz ν- lassen sich durch Seitenbandkopplung messen. Hierzu werden die Axialmode und die radialen Schwingungsmoden gekoppelt, indem Signale im Radiofrequenzbereich bei den Seitenbändern ν+-νz und νz+ν- eingestrahlt werden (sog. "Double-Dip"-Methode). Da ν+>>νz>>ν-, kommt der modifizierten Zyklotronfrequenz ν+ die größte Bedeutung zu. Sie wurde deshalb mit höchster Präzision mittels der schnellen phasensensitiven Messmethode PnA (Pulse and Amplify) gemessen.

Der LIONTRAP Massenwert für das Deuteron md=2.013553212535(17) u übertrifft die Präzision des aktuellen CODATA (Committee on Data for Science and Technology) Literaturwerts um einen Faktor 2.4 und unterscheidet sich von diesem um 4.8 Standardabweichungen. Mit einer relativen Unsicherheit von 8 parts per trillion (ppt) ist dies der genaueste Massenwert, der direkt in atomaren Masseneinheiten gemessen wurde. Die direkt gemessene Masse des HD+ Molekülions, m(HD+)=3.021378241561(61) u, erlaubte eine strenge Konsistenzüberprüfung der Messungen der Deuteronenmasse im aktuellen Experiment und der Protonenmasse (siehe unsere Nachricht vom 18.07.17). Der aus der Protonenmasse und der Deuteronenmasse bestimmte Massenwert m(HD+)p+d=3.021378241576(37) u stimmt mit dem direkt gemessenen Wert innerhalb einer Standardabweichung überein. Diese eindrucksvolle Übereinstimmung zwischen den LIONTRAP-Messungen mit unterschiedlichen Massen und Systematiken bestätigt die eingesetzten Messmethoden.
Des Weiteren stimmt das Massenverhältnis von Deuteron zu Proton md/mp(LIONTRAP)=1.999007501228(59) mit einer direkten Messung an der Florida State University unter Verwendung des H2+ Molekülions innerhalb einer Standardabweichung überein [Phys. Rev. Lett. 124, 013001 (2020) external Link].
Die Übereinstimmung zwischen den Messungen an LIONTRAP und der Florida State University erlaubt durch die Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate die Reduzierung der Unsicherheit der Protonenmasse mp um einen Faktor drei, verglichen mit dem aktuellen CODATA-Wert.

Weitere Informationen finden Sie im "Nature"-Artikel external Link und dem zugehörigen Artikel in News & Views external Link.

Bitte lesen Sie auch die Pressemeldungen des MPIK external Link (idw external Link) und der MPG external Link.

Weitere Pressemitteilungen:

09.06.20 | Präzisionslaserspektroskopie
Laserspektroskopische und theoretische Kernstrukturuntersuchungen von magischem Zinn

Ein internationales Forschungsprojekt unter Beteiligung von Forschern der TU Darmstadt, des MPIK Heidelberg, der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat in hochpräzisen Messungen in der langen Isotopenkette der magischen Zinn-Isotope Abweichungen der Kernform von der Kugelgestalt bestimmt. Die laserspektroskopischen Experimente an den teils sehr kurzlebigen Zinn-Isotopen wurden an der radioaktiven Ionenstrahl-Anlage ISOLDE external Link des CERN external Link in Genf durchgeführt.

Ein quantitatives Maß für die Kerndeformation ist das sogenannte Quadrupolmoment Q. Die neuen Untersuchungen an Zinn-Isotopen ergaben, dass der Verlauf von Q entlang der Isotopenkette nicht linear ist, sondern einen nahezu perfekten parabolischen Verlauf nimmt.
Dieses experimentelle Resultat haben die Forscher mit den Vorhersagen des Fayans-Dichtefunktionals, welches sich jüngst bei der Beschreibung von Ladungsradien von Cadmium-Isotopen ausgezeichnet hat (siehe unsere Nachricht vom 04.09.18), verglichen. Während dieses Kernmodell den generellen Trend der Kerndeformation der Zinn-Isotope grob beschreiben kann, zeigen sich bei Details deutliche Abweichungen. Die neuen Daten können somit dazu beitragen, unser Verständnis der Kernkräfte weiter zu verbessern.

Weitere Informationen finden Sie im Artikel ... >

Bitte lesen Sie auch die Pressemeldung der TU Darmstadt external Link (idw external Link).

Der Artikel wurde im Juni 2020 für die Homepage von Communications Physics external Link ausgewählt.

06.05.20 | Präzisionsmessungen
PENTATRAP findet extrem langlebigen metastabilen Zustand in hochgeladenen Ionen

Jede Zeitmessung mithilfe einer Uhr beruht auf der Zählung periodischer Vorgänge, z. B. der Pendelschwingungen einer Pendeluhr. Ist die Zahl der Pendelschwingungen pro Sekunde bekannt (bzw. definiert), so lässt sich aus der Anzahl der gezählten Schwingungen die verstrichene Zeit in Sekunden bestimmen. Heute ist die Zeit anhand von Schwingungen eines Atomübergangs mit Frequenzen im Mikrowellenbereich (Gigahertz) definiert. Der aktuelle internationale Zeitstandard verwendet Cäsium-Atomuhren und erreicht eine relative Genaugikeit von 10−16. Moderne Atomuhren gehen somit nach über 100 Millionen Jahren nur eine Sekunde falsch.

Die nächste Generation von Atomuhren sind optische Uhren, die Uhrenfrequenzen im optischen Spektralbereich (Terahertz) besitzen. Optische Atomuhren erreichen relative Genauigkeiten von 10−18 und darunter, indem sie Ensembles aus Atomen in optischen Gittern oder einzelne Ionen in Hochfrequenzfallen einsetzen.
Keine Elektronik ist schnell genug, um die Terahertz-Frequenzen einer optischen Uhr zu messen. Der Einsatz von Frequenzkämmen ermöglicht dennoch die Konstruktion von optischen Uhren. Frequenzkämme funktionieren wie eine Art "Frequenzgetriebe". Sie wandeln die optischen Terahertz-Frequenzen in elektronisch messbare Gigahertz-Frequenzen. Optische Atomuhren werden als Frequenzstandard und bei der Suche nach möglichen Variationen fundamentaler Konstanten eingesetzt. Sie finden auch Verwendung beim Nachweis Dunkler Materie und in der Physik jenseits des Standardmodells.
Vielversprechende Kandidaten für neuartige Uhren sind hochgeladene Ionen (HCIs, siehe z. B. die kürzliche Quantenlogik-Spektroskopie mit 40Ar13+ [Nature 578, 60-65 (2020) external Link]) und Kernübergänge (z. B. der Übergang der 229Th-Kernuhr [Nature 573, 243-246 (2019) external Link]). Diese sind weitgehend unempfindlich gegenüber äußeren Störungen und erreichen Wellenlängen jenseits des optischen Bereichs, die gerade für Frequenzkämme erschließbar werden.
Die Entwicklung neuartiger HCI-Uhren hängt allerdings von der Identifizierung geeigneter Uhrenübergänge in HCIs ab. Der Nachweis solcher Übergänge wird durch Schwierigkeiten beim Einsatz konventioneller Spektroskopiemethoden behindert und dadurch, dass die Berechnungen der Atomstruktur zu ungenau sind.

In einem kürzlich in "Nature" veröffentlichten Artikel berichten R. X. Schüssler et al. über den Nachweis eines extrem langlebigen metastabilen Zustands in hochgeladenen Ionen (187Re29+) mithilfe eines neuartigen Ansatzes zur Bestimmung der elektronischen Anregungsenergien. Die Bestimmung basiert auf der Messung der Massendifferenz des Grundzustands und angeregten Zustands von 187Re29+. Das Experiment wurde mit dem einzigartigen 5-Fallen Penningfallen-System PENTATRAP am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg durchgeführt. Es war die erste direkte und zerstörungsfreie Bestimmung eines metastabilen Atomzustands in HCIs mittels hochpräziser Penningfallen-Massenspektrometrie.
Mit PENTATRAP erfolgt die Massenbestimmung durch Messung der freien Zyklotronfrequenz νc=1/(2π)·qB/m eines HCI in einer Penningfalle. Die Zyklotronfrequenz νc kann aus den drei unabhängigen Schwingungen mit Frequenzen ν- (Magnetronfrequenz), νz (Axialfrequenz) und ν+ (modifizierte Zyklotronfrequenz) der Bewegung des HCI in der Falle über das Invarianztheorem bestimmt werden: νc2 = ν-2 + νz2 + ν+2.
Die neuartige Mehrfach-Fallen-Konfiguration von PENTATRAP besteht aus fünf identischen zylindrischen Fallen, die gleichzeitige Massenmessungen ermöglichen. Dies reduziert die Unsicherheit bei der Bestimmung des Zyklotronfrequenz-Verhältnisses (d. h. Massenverhältnisses) erheblich. Das Zyklotronfrequenz-Verhältnis R von 187Re29+ im Grundzustand zum metastabilen Zustand konnte mit einer bisher unerreichten Genauigkeit von δR = 1·10−11 bestimmt werden. Die errechnete Energie des metastabilen Zustands von 187Re29+ relativ zum Grundzustand beträgt ΔERe = 202.2(17) eV.

Die experimentell bestimmte Anregungsenergie des langlebigen metastabilen Zustands wurde mit fortgeschrittenen theoretischen Berechungen verglichen. Die theoretischen Werte wurden mit zwei verschiedenen Anwendungen der "Multiconfiguration Dirac-Hartree-Fock"-Methode und mittels einer Configuration-Interaction (Quanty) Berechnung erhalten.
Die theoretischen Werte und experimentellen Ergebnisse stimmen sehr gut überein. Anhand der Berechnungen konnte außerdem der beobachtete metastabile Zustand [Kr]4d9 4f 3H5 des 187Re29+ Ions leichter identifiziert werden.

Mit einer Lebensdauer von etwa 130 Tagen, besitzt die potentielle Frequenzreferenz ν = 4.86·1016 Hz im Bereich weicher Röntgenstrahlung eine Linienbreite von nur Δν ≈ 5·10−8 Hz. Der elektronische Qualitätsfaktor (Q = νν ≈ 1024) ist folglich einer der höchsten, die jemals in einem Experiment beobachtet wurden. Diese niedrige Unsicherheit ermöglicht die Suche nach weiteren HCI-Uhrenübergängen im Bereich weicher Röntgenstrahlung mittels PENTATRAP.

Das PENTATRAP-Projekt wird durch den Advanced Grant "FunI" externer Link des Europäischen Forschungsrats gefördert.

Weitere Informationen finden Sie im "Nature"-Artikel external Link und dem zugehörigen Artikel in News & Views external Link.

Bitte lesen Sie auch die Pressemeldungen des MPIK external Link (idw external Link) und von BASE external Link.

Weitere Pressemitteilungen:

17.03.20 | Präzisionsmessungen
PENTATRAP verbessert deutlich die Messgenauigkeit für schwere hochgeladene Ionen

Viele Bereiche der Grundlagenphysik erfordern die hochpräzise Kenntnis von Massendifferenzen bzw. Massenverhältnissen einer Vielzahl von Nukliden, z. B. die Neutrinophysik, der Test der Speziellen Relativitätstheorie und der Quantenelektrodynamik gebundener Zustände, Ionenuhren und die Suche nach Dunkler Materie mittels hochauflösender Messungen der Isotopieverschiebung. Um diese hohen Anforderungen zu erfüllen, wurde am Max-Planck-Institut für Kernphysik (MPIK) in Heidelberg das neuartige Penningfallen-Experiment PENTATRAP aufgebaut. PENTATRAP beruht auf hochpräziser Penningfallen-Massenspektrometrie. Eine einzigartige Eigenschaft des PENTATRAP-Massenspektrometers ist seine Mehrfach-Fallen-Konfiguration, bestehend aus fünf identischen zylindrischen Fallen. Eine solche aus mehreren Penningfallen bestehende Konfiguration ermöglicht eine deutliche Reduzierung der Unsicherheit bei Bestimmung von Massenverhältnissen. Mit PENTATRAP werden angestrebte Massenverhältnis-Messungen von schweren (A>100) hochgeladenen Ionen mit einer relativen Unsicherheit δm/m unter 10-11 ein realistisches Ziel.
Die Massenbestimmung eines Ions in einer Penningfalle erfolgt über die Messung seiner freien Zyklotronfrequenz νc = 1/(2π) · qB/m, wo q/m das Ladungs-Masse-Verhältnis des Ions ist und B das Magnetfeld. Die Zyklotronfrequenz νc lässt sich aus den drei unabhängigen harmonischen Schwingungen ν- (Magnetronfrequenz), νz (Axialfrequenz) und ν+ (modifizierte Zyklotronfrequenz) der Ionenbewegung in der Penningfalle über das Invarianztheorem bestimmen: νc2 = ν-2 + νz2 + ν+2.

In einem kürzlich in Physical Review Letters veröffentlichten Artikel präsentieren A. Rischka et al. die ersten Massenmessungen mit PENTATRAP an stabilen Xenon-Isotopen (Z=54) mit einer relativen Unsicherheit nahe 1·10-11. Dabei wurden die Massendifferenzen der fünf Paare der stabilen Xenon-Isotope 134Xe-132Xe, 132Xe-131Xe, 131Xe-129Xe, 129Xe-128Xe und 128Xe-126Xe bestimmt. Hierzu wurden die Verhältnisse der freien Zyklotronfrequenzen der zugehörigen 17-fach positiv geladenen Xenonionen gemessen. Die hohe Präzision konnte durch die Verwendung hochgeladener Ionen (q=+17), die lange Speicherzeit eines einzelnen Xe-Ions und den Einsatz der schnellen phasenempfindlichen Frequenz-Messtechnik PnP (Pulse-and-Phase) erreicht werden. Darüber hinaus wurden in diesem Experiment die Zyklotron- und Axialfrequenzen erstmals gleichzeitig gemessen, wodurch die Unsicherheit bei der Bestimmung der freien Zyklotronfrequenz erheblich reduziert wurde.
Die aufgezeigte Fähigkeit von PENTATRAP, hochpräzise Messungen an einer Isotopenkette des selben Elements durchzuführen, wird auf Isotopenketten wie zum Beispiel Ca, Sr und Yb angewendet werden. Diese sind extrem wichtig für laserspektroskopische Experimente zur Suche nach Dunkler Materie.

Zusätzlich bestimmten die Wissenschaftler die Bindungsenergie des 37. Elektrons in Xenon durch Messung des Verhältnisses der freien Zyklotronfrequenzen von 131Xe18+- und 131Xe17+-Ionen: νc(131Xe18+)/νc(131Xe17+).
Das experimentelle Ergebnis wurde mit zwei theoretischen Werten verglichen, die sich aus zwei unabhängigen unterschiedlichen Anwendungen der "Multiconfiguration Dirac-Hartree-Fock"-Methode ergaben. Der gemessene Wert von 432.4(1.3)(3.4) eV und die theoretischen Werte von 432.4(3.0) eV und 435.1(1.0) eV liegen innerhalb von einer Standardabweichung.
Der Vergleich ist das Ergebnis der großartigen Zusammenarbeit zwischen der Theorie-Abteilung external Link von Christoph H. Keitel und unserer Abteilung.
Diese "Proof-of-Principle"-Messung mit PENTATRAP eröffnet die Möglichkeit, künftig Messungen der Bindungsenergien in sehr hochgeladenen Ionen (z. B. in wasserstoffähnlichen Xenon-Ionen) mit einer Unsicherheit von einem eV durchzuführen. Dies erlaubt strenge Tests der Quantenelektrodynamik gebundener Zustände in starken elekromagnetischen Feldern.

Weitere Informationen finden Sie im Artikel ... >

Der Artikel wurde mit einer "Empfehlung der Herausgeber" ausgezeichnet.

05.03.20 | Präzisionsmessungen
Erste experimentelle und theoretische Untersuchung des N=82 Kernschalenabschlusses unterhalb von Z=50

Die Protonen und Neutronen besetzen in Atomkernen Quantenniveaus, die durch Energielücken voneinander getrennt sind, was zum einfachen Schalenmodell der Kernphysik führt, das mit dem Bohr'schen Atommodell vergleichbar ist. Gemäß dem Schalenmodell kann in Atomkernen jede Schale eine bestimmte maximale Anzahl von Protonen bzw. Neutronen aufnehmen. Diese sogenannten "magischen" Protonen- und Neutronenzahlen (Z, N=8,20,28,50,82 und N=126) sind mit großen Energielücken im effektiven Einteilchenspektrum des mittleren Kernfelds verbunden und offenbaren Schalenabschlüsse.
Die magischen Zahlen sind eng mit der Kernwechselwirkung verbunden und eignen sich daher sehr gut zur Überprüfung von Kernmodellen. Um neue, verbesserte theoretische Modelle zu überprüfen, wurden in den letzten Jahren zahleiche hochpräzise Experimente zur Untersuchung der Kernstruktur von Isotopen und Isotopenketten in der Nähe von Schalenabschlüssen durchgeführt.
Neue, allerdings schwächere Schalenabschlüsse wurden durch Experimente mit leichten exotischen Kernen gefunden. Z. B. ein Schalenabschluss bei N=32 mittels Präzisionsmassenmessungen der exotischen Calcium-Isotope 53Ca und 54Ca (siehe unsere Nachricht vom 19.06.13) und ein Schalenabschluss bei N=34. Deutlich weniger Kenntnisse hat man über schwerere Kerne, insbesondere für die magische Neutronenzahl N=82. Vor Kurzem wurde durch hochpräzise Laserspektroskopie die doppelt-magische Natur von 132Sn (P=50, N=82) erneut bestätigt (siehe unsere Nachricht vom 16.05.19).
Theoretische Vorhersagen für die Schalenlücke bei N=82 sind auf genaue experimentelle Daten für Nuklide mit Z<50 und N≈82 angewiesen. In den letzten Jahren sind die neutronenreichen Cadmium-Isotope (Z=48) mittels Zerfallsspektroskopie, hochauflösender Laserspektroskopie (siehe unsere Nachricht vom 07.05.13) und Präzisionsmassenmessungen (siehe unsere Nachricht vom 04.12.15) untersucht worden. Die Energien der niedrig liegenden Isomere in 129Cd und die Zwei-Neutronen-Schalenlücke bei N=82 bleiben jedoch unbekannt.

In einem kürzlich in Physical Review Letters veröffentlichten Artikel präsentieren V. Manea, J. Karthein et al. die erste direkte Bestimmung der Schalenlücke bei N=82 für Z<50 mittels Massenmessungen von exotischen neutronenreichen Cadmium-Isotopen und -Isomeren zwischen 124Cd und 132Cd. Die Experimente wurden mit dem ISOLTRAP external Link-Spektrometer an ISOLDE external Link/CERN external Link, Genf, durchgeführt, wobei alle Messmethoden von ISOLTRAP für die Massenbestimmungen zur Anwendung kamen. Abhängig von der Halbwertszeit und der Produktionsrate des zu untersuchenden Ions, wird die Massenmessung an ISOLTRAP entweder mit Hilfe der Flugzeit-Ionenzyklotronresonanzmethode (ToF-ICR) in der Präzisions-Penningfalle oder durch Flugzeit-Massenspektrometrie mit Einsatz des Multireflexions-Flugzeitmassenseparators (MR-ToF MS, siehe zum Beispiel unsere Nachricht vom 19.06.13) durchgeführt.

Die Massen von 131,132Cd wurden mit dem MR-ToF MS bestimmt. Die Massen der anderen untersuchten Cadmium-Isotope wurden mit der Präzisions-Penningfalle bestimmt, indem ihre Zyklotronfrequenz (als einfach geladene Ionen) in der Falle gemessen wurde.
Bei den Penningfallen-Messungen von 124,126,128,131Cd kam die ToF-ICR-Methode, einschließlich Ramsey-ToF-ICR, zum Einsatz. Der Ionenstrahl bestand für 127,129Cd aus einer Mischung von Grundzustand und isomerem (angeregtem) Zustand (J = 3/2+ und J = 11/2-). Im Jahr 2015 konnten diese beiden Zustände aufgrund der kurzen Halbwertszeiten mittels ToF-ICR-Messung mit langer Anregungszeit nicht separiert werden. In dieser Arbeit wurde stattdessen die kürzlich entwickelte Phase-Imaging Ion-Cyclotron-Resonance (PI-ICR) Methode eingesetzt (siehe unsere Nachrichten vom 19.02.13 und 11.02.14), um die 129Cd-Zustände 11/2- und 3/2+ zu trennen. Die Reihenfolge der niedrig liegenden Isomere in 129Cd und deren Energien wurden bestimmt und dabei die Inversion der 11/2- und 3/2+ Zustände in 129Cd festgestellt. Dies macht deutlich, dass das Neutronen-Orbital h11/2 der Schlüssel für die Entwicklung der N=82 Schalenlücke in Richtung Z=40 ist.

Die neue Masse von 132Cd ermöglichte den Test verschiedener moderner Kernmodelle durch die Bestimmung der N=82 Zwei-Neutronen-Schalenlücke Δ2n(Z, N) = S2n(Z, N) - S2n (Z, N + 2) (S2n: Zwei-Neutronen-Separationsenergie). Diese Größe beinhaltet nur gerade Kerne und 132Cd (Z=48, N=84) liefert den ersten Wert für Δ2n(Z, N) unterhalb des doppelt-magischen 132Sn (Z=50, N=82). Die neuen Daten zeigen einen Peak von Δ2n(Z, N) bei der magischen Protonenzahl Z=50 und bestätigen somit, dass bei 132Sn die Stabilität erhöht ist, da sowohl die Neutronen- als auch die Protonenzahl magisch ist (sog. "mutually enhanced magicity").

Die gemessenen Daten wurden mit großskaligen Schalenmodell-Berechnungen verglichen und mit neuen Berechnungen, bei denen ein BMF-Ansatz (Beyond Mean Field) und die VS-IMSRG (ab initio Valence-Space In-Medium Similarity Renormalization Group) verwendet wurden. Das BMF-Modell kann den Effekt reproduzieren, unterschätzt jedoch die Größe des Abfalls von Δ2n(Z, N) unterhalb von Z<50. Der VS-IMSRG-Ansatz zeigt gegenüber dem Experiment eine Verschiebung, kann den Peak bei der magischen Protonenzahl Z=50 hingegen qualitativ gut beschreiben.

Weitere Informationen finden Sie im Artikel ... >