Nachrichten-Archiv 2015
Der Ursprung der Elemente schwerer als Eisen ist eine der wichtigsten
Fragestellungen heutiger beobachtender, experimenteller und theoretischer Physik. Viele
Isotope werden in grundverschiedenen Umgebungen erzeugt, durch den Prozess des langsamen
Neutroneneinfangs (s-Prozess), der Millionen von Jahren benötigt oder innerhalb von
Sekunden durch den schnellen Neutroneneinfang (r-Prozess).
Die Verteilung der Elementhäufigkeiten im Sonnensystem ist mit der Kernstruktur verknüpft,
nämlich den abgeschlossenen Kernschalen bei den magischen Neutronenzahlen N = 50, 82,
und 126. Daher sind astrophysikalische Simulationen empfindlich gegenüber der ihnen zu Grunde
liegenden Kernstruktur. Es gibt auch heute immer noch zu wenig Daten zu Atomkernen, die als
entscheidender Input für astrophysikalische Modelle dienen. Deshalb ist Kerntheorie unverzichtbar
und es wurden verschiedene theoretische Ansätze vorgeschlagen. Da es immer noch signifikante
Abweichungen zwischen Vorhersagen und Experiment gibt, wurden große Anstrengungen unternommen,
um die Ausbeute und die Selektivität bei exotischen Kernspezies sowie die Sensitivität
der experimentellen Massenspektrometrie zu verbessern.
In einem kürzlich in Physical Review Letters veröffentlichten Artikel berichten D. Atanasov et al.
über Präzisionsmassenmessungen des "waiting-point" Nuklids 130Cd mit abgeschlossener Neutronenschale
sowie von den ersten Massenbestimmungen seiner benachbarten Isotope 129Cd und 131Cd. Dies ermöglicht
die Untersuchung der Stärke des Schalenabschlusses N = 82 jenseits des doppelt magischen 132Sn.
Die neuen Massenmessungen wurden an der ISOLDE-Anlage am CERN in Genf unter Verwendung des
ISOLTRAP Massenspektrometers durchgeführt. Abhängig von der Halbwertszeit und der Produktionsrate des
zu untersuchenden Ions, wird die Massenmessung an ISOLTRAP entweder mit Hilfe der Flugzeit-Ionenzyklotronresonanzmethode
(TOF-ICR) in der Präzisions-Penningfalle oder durch Flugzeit-Massenspektrometrie
mit Einsatz des Multireflexions-Flugzeitmassenseparators (MR-TOF MS) durchgeführt.
Im Fall von 129,130Cd+ wurden die Massenmessungen mittels der Ramsey-TOF-ICR
in der Präzisions-Penningfalle durchgeführt. Aufgrund der geringen Produktionsrate sowie der kurzen
Halbwertszeit von 131Cd+, wurden die Massenmessungen dieses Isotops mit Hilfe der schnelleren
MR-TOF MS Technik vorgenommen.
Aus den gemessenen Massenexzess-Werten der Cadmium-Isotope wurden deren Neutronenseparationsenergien
Sn hergeleitet, die ein Maß für die Bindung des zugehörigen Kerns darstellen. Der experimentelle Wert
des empirischen Schalenabschlusses, der als Sn(N = 82) - Sn(N = 83) definiert ist, wurde bestimmt und
dabei eine signifikante Verminderung des Schalenabschlusses N = 82 für Z < 50 gefunden.
Die neuen Daten stellen zusätzliche Randbedingungen für die Kerntheorie zur Verfügung, dies vor allem, wenn man die voneinander abweichenden Vorhersagen der Massenmodelle hinsichtlich der empirischen Schalenlücke N = 82 unterhalb des doppelt magischen 132Sn bedenkt. Indem sie die Unsicherheit des Inputs aus der Kernphysik reduzieren, erhöhen die neuen Messungen die Zuverlässigkeit der Beschreibung der r-Prozess Nukleosynthese. Gemessen an der großen Datenmenge, die für Berechnungen des r-Prozesses benötigt werden, ist es sehr bemerkenswert, dass die Massen von lediglich drei Nukliden (129-131Cd) einen beobachtbaren Einfluss auf die vorhergesagten Häufigkeiten der Elemente haben. Dies unterstreicht die Wichtigkeit von Präzisionsmessungen in dieser Region der Nuklidkarte.
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Lesen Sie auch die Pressemeldungen des MPIK , des idw , der Universität Greifswald und von Pro-Physik .
Das neuartige Baryon Antibaryon Symmetry Experiment (BASE) am Antiproton Decelerator (AD) am CERN in Genf, hat die Durchführung eines strengen Tests der Symmetrie der kombinierten Ladungs(C)-, Paritäts(P)- und Zeit(T)-Umkehr (CPT-Symmetrie) zum Ziel. Hierzu sollen die magnetischen Momente des Protons und des Antiprotons mit hoher Präzision verglichen werden. Die Entdeckung kleinster Unterschiede zwischen dem magnetischen Moment des Protons und des Antiprotons könnte zum Verständnis der Physik jenseits des unvollständigen Standardmodells führen und somit dazu beitragen, das beobachtete Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie im Universums zu erklären.
In einem kürzlich in "The European Physical Journal Special Topics" erschienenen Übersichtsartikel
gibt die BASE-Kollaboration eine Beschreibung und
Zusammenfassung der physikalischen und technischen Aspekte von BASE.
Im Rahmen von BASE werden die g-Faktoren von Proton und Antiproton bestimmt, indem das jeweilige
Verhältnis von Spin-Präzessionsfrequenz νL (Larmor-Frequenz) zur Zyklotronfrequenz νc gemessen
wird. Die Spin-Präzessionsfrequenz wird über den zerstörungsfreien Nachweis von Spin-Quantenübergängen
mittels des kontinuierlichen Stern-Gerlach-Effekts gemessen. Die Zyklotronfrequenz ergibt sich mit
Hilfe des Invarianztheorems aus den Eigenfrequenzen der Bewegung des Teilchens in der Penningfalle:
νc2 = ν+2 + νz2 + ν-2.
Die modifizierte Zyklotronfrequenz ν+, die axiale Frequenz νz und die Magnetronfrequenz ν- werden
mittels Spiegelstrom-Nachweis gemessen.
Die BASE-Apparatur stellt eine Erweiterung des Mainzer Proton Doppel-Penningfallen-Experiments
dar. Das weiterentwickelte kryogene Penningfallen-System von BASE besteht aus vier zylindrischen
Fallen: einer Präzisionsfalle (PT) für Präzisions-Frequenzmessungen, einer Analysefalle (AT) zur
Analyse des Spinzustands des Teilchens, einer Reservoirfalle (RT) zum Einfangen von
niedrig-energetischen Antiprotonen aus dem Antiproton Decelerator und zum Einsatz als Teilchenreservoir
sowie einer Kühlfalle (CT) für die schnelle und effiziente Kühlung der Zyklotron-Bewegung des
gespeicherten Antiprotons.
Das neuartige 4-Penningfallen-System ist im homogenen Zentrum eines supraleitenden Magneten (1.945 T)
installiert, dessen Magnetfeld die gemessenen Frequenzen νL und νc festlegt.
Transportelektroden verbinden die einzelnen Fallen und ermöglichen das schnelle adiabatische Pendeln
der Teilchen entlang der Fallenachse. Hierdurch werden schnelle hochpräzise Messungen des Verhältnisses
der Zyklotronfrequenzen zweier Teilchen möglich.
Im Baryonensektor erreicht der Vergleich der magnetischen Momente des Protons und des Antiprotons gegenwärtig eine Genauigkeit von einigen ppm (10-6). Durch den Einsatz der Doppel-Penningfallen-Methode unter Verwendung der Präzisionsfalle (PT) und der Analysefalle (AT) von BASE, lässt sich voraussichtlich eine relative Genauigkeit von δg/g 10−9 erreichen. Somit wird die erfolgreiche Anwendung der neuen Methode auf das Antiproton zu einem 1000-fach verbesserten g-Faktor-Vergleich und Test der CPT-Symmetrie führen.
Weitere Informationen finden Sie im Übersichtsartikel ... >
Im Rahmen der Erforschung des Ursprungs der Elemente in unserem Universum werden Kernreaktionen untersucht, die bei der Sternentstehung und in Sternexplosionen auftreten. Die 35 natürlich vorkommenden protonenreichen Isotope der schweren Elemente von Selen (74Se) bis Quecksilber (196Hg), auch p-Kerne genannt, werden im p-Prozess erzeugt. Die dabei wesentlichen Produktionsprozesse sind (γ,n), (γ,p), sowie (γ,α)-Prozesse und darauffolgende β-Zerfälle im so genannten γ-Prozess (Photodesintegration). Daher ist die Kenntnis der Wirkungsquerschnitte solcher Photodisintegrations-Reaktionen oder deren inversen Reaktionen, z. B. (p,γ)-Reaktionen, für p-Prozess Netzwerk-Rechnungen entscheidend. Die Mehrzahl der verwendeten Wirkungsquerschnitte beruhen ausschließlich auf Vorhersagen aus Hauser-Feshbach-Berechnungen. Lediglich einige wenige der Tausenden von Kernreaktionen, die in die Netzwerk-Rechnungen für die p-Prozess-Nukleosynthese eingehen, wurden bisher experimentell untersucht. Die meisten verfügbaren experimentellen Daten für den p-Prozess stammen aus Messungen der direkten Kinematik unter Verwendung von Targets aus stabilen Isotopen. Die direkte Messung von instabilen radioaktiven Kernen ist weiterhin eine große Herausforderung.
In einem kürzlich in Physical Review C veröffentlichten Artikel präsentieren B. Mei et al. die erste
direkte Messung des 96Ru(p,γ)97Rh Wirkungsquerschnitts zwischen 9 und 11 MeV für den p-Prozess mit
einem Schwerionen-Speicherring. Da radioaktive Kerne schnell zerfallen, steht wenig Zeit für die
Datenerfassung zur Verfügung. Um diese experimentelle Herausforderung zu überwinden, wurde am
Experimentierspeicherring ESR
der GSI Darmstadt eine neuartige Methode entwickelt. Sie basiert auf
der Kollision gespeicherter schwerer Ionen mit einem Wassserstoff-Target zur Messung der
Wirkungsquerschnitte von Protoneneinfang-Reaktionen in inverser Kinematik. Der große Vorteil der
neuen Methode ist, dass 96Ru44+-Ionen, die nicht mit dem Target reagiert haben, recycelt werden und
wiederholt auf das Wasserstoff-Target treffen, um eine Reaktion auszulösen. Auf diese Weise erhöht
sich die Wahrscheinlichkeit, während der kurzen Lebensdauer der instabilen Kerne
Protoneneinfang-Reaktionen zu beobachten. Die neuartige Methode eignet sich sehr gut für
Messungen an instabilen Kernen mit Halbwertszeiten größer als einige Minuten. Sie bietet
eine konkurrenzlose Möglichkeit für die direkte Messung von (p,γ)-Reaktionen im Energiebereich,
der von astrophysikalischem Interesse ist, insbesondere auch für bisher unerreichbare radioaktive
Ionen.
Der direkt gemessene (p,γ) Wirkungsquerschnitt ermöglichte die genauere Festlegung der
γ-Stärkefunktion sowie des Kernniveaudichte-Modells. Außerdem konnte das Protonenpotential
eingegrenzt werden und für p-Prozess Netzwerk-Rechnungen eine hervorragende Vorhersage der stellaren
Rate für 96Ru(p,γ)97Rh über einen weiten Temperaturbereich gemacht werden.
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Bitte lesen Sie auch die Synopsis von Matteo Rini ... >
Die fundamentale CPT-Symmetrie (C:Ladung, P:Parität, T:Zeit) des Standardmodells der Teilchenphyisk
impliziert die exakte Übereinstimmung der Eigenschaften eines Teilchens und seines Antiteilchens.
Tests der CPT-Symmetrie haben zum Ziel, kleinste Unterschiede zwischen den fundamentalen Eigenschaften eines
Teilchens und denen seines Antiteilchens zu finden. Solche Unterschiede könnten zum Verständnis der Physik
jenseits des unvollständigen Standardmodells führen und somit z. B. dazu beitragen, das beobachtete Ungleichgewicht
zwischen Materie und Antimaterie im Universums zu erklären.
Bislang sind nur wenige direkte hochpräzise Tests der CPT-Symmetrie verfügbar. Im Leptonensektor wurden
die magnetischen Anomalien des Elektrons und des Positrons mit einer relativen Unsicherheit von einigen p.p.b. verglichen.
Im Baryonensektor erreichte der Vergleich der magnetischen Momente des Protons und des Antiprotons eine
Genauigkeit von 4.4 · 10-6. Im Rahmen des Baryon Antibaryon Symmetry Experiment (BASE) am Antiproton-Decelerator
am CERN in Genf soll künftig eine um mindestens den Faktor 1000 präzisere Messung durchgeführt werden.
Den präzisesten Test der CPT-Symmetrie mit Baryonen stellt der Vergleich der
Proton/Antiproton Ladungs-Masse-Verhältnisse mit einer relativen Genauigkeit von 90 · 10-12 dar, der durch
die Messung der Zyklotronfrequenzen einzelner in einer Penningfalle gespeicherter Antiprotonen und H--Ionen
realisiert wird.
In einem jüngst in der Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlichten Letter berichtet die BASE-Kollaboration
über hochpräzise Vergleiche der Zyklotronfrequenzen eines einzelnen Antiprotons und eines negativ
geladenen Wasserstoff-Ions (H-), die in einem fortgeschrittenen kryogenen Penningfallen-System
durchgeführt wurden. Die Frequenzmessungen wurden am Antiproton-Decelerator (AD) am CERN in Genf durchgeführt.
Da Vergleiche des Antiproton-zu-H- Ladungs-Masse-Verhältnisses einem direkten Vergleich von Antiproton-zu-Proton
äquivalent sind, wurde im Experiment H- an Stelle des Protons eingesetzt. Hierdurch wurde das Experiment
erleichtert, denn aufgrund seiner negativen Ladung ist keine Invertierung der Fallenspannungen erforderlich.
Es konnten folglich systematische Verschiebungen vermieden werden, die durch den Wechsel der Polarität der
Fallenspannungen verursacht werden.
Das eingesetzte fortgeschrittene kryogene Penningfallen-System besteht aus einer Messfalle (MT) und einer
Reservoir-Falle (RT). Transportelektroden verbinden die einzelnen Fallen und ermöglichen das schnelle
adiabatische Pendeln der Teilchen entlang der Fallenachse. Aus der vom AD gelieferten Teilchenwolke wird
ein einzelnes Antiproton extrahiert und im Zentrum der Falle gehalten, außerdem ein H--Ion, das in der
downstream park electrode (DPE) "geparkt" wird. Die restlichen Teilchen werden zur Reservoir-Falle
transportiert. Bei 4K und extrem niedrigem Druck können für die Antiprotonen Speicherzeiten von über einem
Jahr erreicht werden.
Die Ladungs-Masse-Verhältnisse der gespeicherten Teilchen erhält man durch die Bestimmung ihrer
Zyklotronfrequenzen νc, die sich mit Hilfe des Invarianztheorems νc2 = ν+2 + νz2 + ν-2 berechnen
lassen. Die modifizierte Zyklotronfrequenz ν+, die axiale Frequenz νz und die Magnetronfrequenz ν-
werden mittels Spiegelstrom-Nachweis gemessen. Ein einzelner Vergleich des Ladungs-Masse-Verhältnisses
benötigt exakt zwei AD-Zyklen, was einer typischen Messdauer von 220s bis 240s entspricht. Aus 13000
Frequenzmessungen wurde ein Antiproton/Proton Ladungs-Masse-Verhältnis von 1(69)·10-12 extrahiert.
Dieses Ergebnis ist in Übereinstimmung mit der CPT-Erhaltung und seine Genauigkeit von 69·10-12
übertrifft die Energieauflösung früherer Antiproton-zu-Proton Masse-Vergleiche sowie die zugehörige
Gütezahl der Standardmodellerweiterung (SME) um einen Faktor 4. Im Hinblick auf seine Energie-Empfindlichkeit
liefert das Ergebnis den genauesten Test der CPT-Symmetrie, der bisher mit baryonischer Antimaterie
durchgeführt wurde.
Aus dem Experiment ergaben sich darüber hinaus zwei neue wichtige Grenzwerte:
Die hohe Datenerfassungsrate des Experiments ermöglichte eine Suche nach siderischen Variationen.
Es wurde ein Limit von < 720·10-12 für siderische Variationen in dem gemessenen Antiproton/Proton
Ladungs-Masse-Verhältnis extrahiert.
Falls Materie das schwache Äquivalenzprinzip berücksichtigt, während Antimaterie eine anomale Kopplung
an das Gravitationsfeld erfährt, trägt diese Gravitationsanomalie zu einem möglichen Unterschied in
den gemessenen Zyklotronfrequenzen bei. Folgt man diesen Annahmen, so kann das Ergebnis des Experiments als
ein Test des schwachen Äquivalenzprinzips mit baryonischer Antimaterie interpretiert werden. Es setzt ein
neues Limit für den Parameter der Gravitationsanomalie αg: |αg - 1| < 8.7·10-7.
Weitere Informationen finden Sie im "Nature"-Letter ... >
Lesen Sie auch den Kommentar zum Artikel von Klaus P. Jungmann.
Weitere Informationen in den Pressemitteilungen des MPIK , der Max-Planck-Gesellschaft , des idw , des CERN (bzw. hier ) und von RIKEN .
Weitere Pressemitteilungen:
- GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung
- FAZ Wissen
- Welt der Physik
- Pro-Physik
- Innovations Report
- SOLARIFY
- Weltraum aktuell
- Deutschlandfunk
- Phys.org | YouTube Video
- Science Daily
- Live Science
- Interactions.org
- Orbiter.ch Space News
- AlphaGalileo
- EurekAlert!
- Science Newsline
- DeepStuff.org
- Pan European Networks
- International Business Times
- myScience
- ScienceNews
- Global News Connect
- Exploring Space
- Techno-Science (auf Französisch)
- Science Blog (auf Spanisch)
Hundert Billionen Neutrinos durchqueren jeden Menschen pro Sekunde und dennoch kennen wir bis heute ihre Masse nicht. Bislang konnten lediglich Obergrenzen für die Neutrinomasse bestimmt werden, die bestätigen, dass sie winzig klein ist, aber nicht Null, wie vom Standardmodell der Teilchenphysik vorhergesagt. Zur Bestimmung der Neutrinomasse werden der radioaktive Beta-Zerfall oder der Elektroneneinfang in geeigneten Atomkernen untersucht. Die ECHo-Kollaboration hat zum Ziel, die Neutrinomasse aus Messungen der emittierten Energie beim Übergang des künstlichen Holmium-163-Isotops durch Elektroneneinfang.in das stabile Dysprosium-163 zu extrahieren. Deshalb muss die Zerfallsenergie von 163Ho mit höchster Genauigkeit bekannt sein. Die aus indirekten Messungen erhaltenen Q-Werte befinden sich in einem ziemlich weiten Bereich von etwa 2400 bis 2900 eV. Dieses Q-Wert-Problem gilt es zu lösen.
In einem jüngst in Physical Review Letters erschienenen Artikel berichten S. Eliseev et al.
über die erste direkte hochpräzise Penningfallen-Bestimmung der Differenz der Atommassen von
163Ho und 163Dy. Die Messung wurde mit dem Penningfallen-Massenspektrometer
SHIPTRAP
am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt durchgeführt. Zur Bestimmung
der Massen von Holmium und Dysprosium kam die sog. Phase-Imaging Ion-Cyclotron-Resonance (PI-ICR) Technik
zum Einsatz. Diese neuartige hochpräzise Technik basiert auf der Abbildung der Kreisbewegung
der Ionen in einer Penningfalle auf einen ortsauflösenden Detektor.
Die Messung ergab für die Zerfallsenergie einen Wert von 2833 eV mit einer Unsicherheit von
nur wenigen 10 eV. Dies stimmt perfekt mit den Q-Werten überein, die mittels kryogener
Mikrokalorimetrie erhalten wurden. Aufgrund dieses Ergebnisses kann man zuversichtlich
sein, dass in der ersten Phase des ECHo-Experiments
für die Neutrinomasse eine Empfindlichkeit kleiner 10 eV erreicht werden wird. Das ist mehr
als ein Faktor Zehn unterhalb der aktuellen Obergrenze. Künftige Massenmessungen mit PENTATRAP
werden die Genauigkeit des Werts der Zerfallsenergie um eine Größenordnung
verbessern. Damit wird für die Neutrinomasse eine Empfindlichkeit unter 1 eV erreichbar sein.
Weitere Informationen finden Sie im Artikel ... >
Bitte lesen Sie auch:
- Pressemeldung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik
- Pressemitteilung des idw
- Pressemitteilung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
- Nachricht des GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt
- Nachricht der Arbeitsgruppe "Superschwere Elemente" (Universität Mainz)
- Pressemitteilung von AlphaGalileo
- Pressemitteilung von EurekAlert!
- Nachricht von Physics World
- Nachricht von pro-physik.de
- Nachricht von Space Daily
- Nachricht von Scientific Computing
- Nachricht von Science Daily
- Nachricht von Science Newsline
- Nachricht von LABO online
- Nachricht von Phys.org
- Nachricht von ScienceBlog
- Nachricht von CHEMIE.DE
- Nachricht von Innovations Report
- Nachricht von Research in Germany
- Nachricht der Landeszeitung Rheinland-Pfalz
Berechnungen der Feinstrukturaufspaltungen in 2-Elektronen-Atomen liefern einen genauen Test für die Quantenelektrodynamik gebundener Zustände. Die Feinstruktur von Helium dient derzeit als einer der genauesten Tests der QED in 2-Elektronen-Systemen. Kürzlich konnten die entsprechenden Berechnungen auf 3-Elektronen-Systeme ausgedehnt werden. Feinstruktur-Berechnungen von Lithium stellen den präzisesten Test der QED mit Lithium-Atomen dar. Die genauesten Tests der QED in schwereren 3-Elektronen-Systemen bestimmen die 2s1/2 -> 2p1/2 Übergangsenergie in lithiumähnlichem Uran und den g-Faktor in Si11+. Für weitere Tests an Ionen mit niedriger Kernladungszahl Z eignen sich Be+- und B2+-Ionen.
In einem jüngst in Physical Review Letters erschienenen Artikel berichten W. Nörtershäuser et al. über einen präzisen Test der QED gebundener Zustände in 3-Elektronen-Systemen. Dazu wurden die totalen Übergangsfrequenzen und 2p1/2,3/2 Feinstrukturaufspaltungen in 7,9-12Be+ experimentell und theoretisch untersucht. Die Messungen wurden an COLLAPS an der ISOLDE-Anlage am CERN durchgeführt. Dabei konnte die Genauigkeit der Feinstrukturaufspaltung von Be-9 um zwei Größenordnungen verbessert werden. Die experimentellen Ergebnisse wurden mit neuen ab initio Berechnungen der atomaren Struktur von vergleichbarer Genauigkeit verglichen. Demzufolge stimmen Theorie und Experiment gut überein. Diese neuen Ergebnisse liefern einen der präzisesten Tests der Quantenelektrodynamik gebundener Zustände in 3-Elektronen-Systemen.
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Die Erforschung der Entwicklung der Schalenstruktur der Atomkerne fernab der Stabilität ist sehr wichtig für die Verbesserung unseres Verständnisses der Kernkräfte. Im Jahr 2013 konnten ISOLTRAP-Massenmessungen der exotischen Calcium-Isotope 53Ca und 54Ca eindeutig einen ausgeprägten Schalenabschluss bei N=32 etablieren und damit zeigen, dass Schaleneffekte fernab der Stabilität nicht verschwinden (siehe Nachricht vom 19.06.13). Da 52Ca (Z=20, N=32) ein doppelt magischer Kern ist, blieb jedoch ungeklärt, ob der gefundene Schalenabschluss ein Einzelfall ist, oder systematisch auftritt. Deshalb ist es notwendig, exotische Kerne unterhalb der magischen Protonenzahl Z=20 zu untersuchen.
In einem jüngst in Physical Review Letters erschienenen Artikel berichten M. Rosenbusch et al. über die
ersten Massenmessungen der exotischen Kaliumisotope 52,53K. Die Messungen wurden mit dem hochauflösenden
Multireflexions-Flugzeitmassenspektrometer (MR-TOF MS) an ISOLTRAP
(ISOLDE/CERN , Genf) durchgeführt.
Dies ist die erste Untersuchung des N=32 Schalenabschlusses in Richtung der Neutronenabbruchkante
für Z<20 und 53K ist das bislang kurzlebigste Nuklid, das an ISOLTRAP untersucht wurde.
Die neuen ISOLTRAP-Massen ermöglichen die Bestimmung des Massenexzesses der gemessenen Isotope, aus dem
die Zwei-Neutronen-Separationsenergien S2n hergeleitet werden können. Diese S2n-Werte erlauben die
Erforschung der Entwicklung der Kernstruktur mit wachsender Neutronenzahl. Die neuen S2n-Werte zeigen
einen signifikanten Abfall von etwa 3 MeV von 51K zu 53K, verglichen mit lediglich etwa 1 MeV von 49K zu 51K.
Die Schalenlücke ist verständlicherweise etwas kleiner (ca. 1 MeV) als beim doppelt magischen 52Ca. Sie
zeigt deutlich den Schaleneffekt bei N=32 für Kalium.
Die neuen ISOLTRAP-Messungen wurden von theoretischen Betrachtungen begleitet. Skyrme-Hartree-Fock-Bogoliubov-Rechnungen sowie eine kürzlich entwickelte Methode, die auf der ab initio Gorkov-Green-Funktion (GGF) basiert, konnten den beobachteten Schaleneffekt qualitativ reproduzieren.
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Bitte lesen Sie auch:
Für schwere Atomkerne mit halbgefüllten Schalen wird die Existenz von Isomeren mit hoher Energie und langer Lebensdauer angenommen. Diese zerfallen oft entweder über innere Konversion oder γ-Zerfall, beides gut erforschte Prozesse in neutralen Atomen. Es ist allerdings schwierig, einen angeregten Kernzustand als hochgeladenes Ion zu erzeugen und dieses lange genug zu speichern, um seinen Zerfall beobachten zu können. Deshalb ist gegenwärtig die Zuverlässigkeit der Berechnungen von Konversionskoeffizienten der inneren Konversion im Fall hochgeladener Kernzustände noch unbestimmt.
In einem kürzlich in Physical Review C veröffentlichten "Highlight"-Artikel berichten A. Akber et al. über die erste Speicherring-Messung des Zerfalls eines wasserstoffähnlichen Isomers. 192Os wurde bereits als 8.5 s, 10−-Isomer mit einer Anregungsenergie von 2015 keV identifiziert. An der GSI Darmstadt wurde im Experimentierspeicherring ESR der Zerfall eines angeregten metastabilen Kernzustands von 192Os in einem wasserstoffähnlichen Ladungszustand untersucht. Hierzu wurden über 400 injizierte Ionenstrahlen untersucht, in denen wasserstoffähnliches 192mOs beobachtet werden konnte. Durch Elektronenkühlung und stochastische Kühlung der injizierten Ionen war der Einsatz von Schottky-Massenspektrometrie möglich.
Die erste ESR-Messung des wasserstoffähnlichen 192mOs-Ions ergab eine deutlich längere Lebensdauer (15.1+1.5−1.3 s) im Vergleich zur bereits beobachteten Lebensdauer für neutrales 192Os (8.5(14) s). Der Unterschied wird auf die Behinderung der inneren Konversion im wasserstoffähnlichen 192Os zurückgeführt. Die experimentellen Werte stimmen gut mit der vorhergesagten Lebensdauer von 13.0(24) s überein, die aus der Berechnung der Konversionskoeffizienten abgeleitet wurde. Die beschriebene ESR-Messung liefert somit einen Test für die Zuverlässigkeit der Berechung von Konversionskoeffizienten der inneren Konversion in hochgeladenen Systemen.
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