Nachrichten-Archiv 2014
Die Kernspinresonanzspektroskopie (NMR-Spektroskopie) ist gegenwärtig die vielseitigste
spektroskopische Technik zur Charakterisierung der Struktur und Dynamik gelöster Moleküle.
Allerdings besitzt die konventionelle NMR-Spektroskopie eine deutlich limitierte Empfindlichkeit.
Für die Aufnahme eines konventionellen NMR-Spektrums benötigt man i.d.R. eine Probe mit >1016
Kernen. Deshalb besteht großes Interesse an neuartigen spektroskopischen Methoden mit
erheblich verbesserter Empfindlichkeit.
β-NMR-Spektroskopie ist sehr empfindlich im Vergleich zur konventionellen
NMR-Spektroskopie. Sie wurde bereits erfolgreich im Bereich der Kern- und Festkörperphysik
eingesetzt. Neben ihrer extremen Empfindlichkeit ermöglicht die β-NMR-Spektroskopie den
Zugriff auf Elemente, die mittels konventioneller NMR schwer in Lösung nachzuweisen sind,
beispielsweise Mg und möglicherweise Cu.
In einem kürzlich in ChemPhysChem veröffentlichten Artikel berichten A. Gottberg et al. über
die erstmalige Anwendung der β-NMR-Spektroskopie auf eine ionische Flüssigkeit mit gelösten
Mg2+-Ionen. Zur Durchführung dieses Experiments wurde der neue Prototyp eines
Online-Setups der COLLAPS-Kollaboration eingesetzt, der eigens für flüssige Proben an der
CERN-ISOLDE -Anlage in Genf entworfen wurde.
Im Unterschied zur konventionellen NMR werden bei der β-NMR die Kerne vor der Implantation
in die Probe polarisiert und der Resonanznachweis beruht auf dem Nachweis der β-Teilchen
aus dem Zerfall der radioaktiven Kerne. Hierdurch profitiert die β-NMR von der hohen
Empfindlichkeit der Experimente mit radioaktiven Tracern.
Im vorgestellten Experiment konnten innerhalb einiger Minuten 31Mg β-NMR-Spektren für nur
107 Magnesiumionen in einer ionischen Flüssigkeit (EMIM-Ac: 1-ethyl-3-methyl-imidazolium acetate)
als prototypischer Testfall gemessen werden. Es wurden Resonanzen bei 3882.9 und 3887.2 kHz
in einem externen Feld von 0.3 T beobachtet.
Die dargestellte hochempfindliche β-NMR-Spektroskopie eignet sich sehr gut für die Analyse
von Spezies in Lösung und kann künftig als eine neuartige spektroskopische Methode in der allgemeinen
Chemie und möglicherweise auch in der Biochemie zum Einsatz kommen.
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Einer internationalen Kooperation von Physikern mit Beteiligung unserer Abteilung gelang mit Hilfe des optischen
Dopplereffekts die genaueste direkte Messung der relativistischen Zeitdehnung.
Das Ergebnis bedeutet eine weitere präzise Bestätigung der Speziellen Relativitätstheorie Einsteins.
Weitere Informationen finden Sie im Physical Review Letters Artikel
... >
Lesen Sie auch die ausführliche Pressemitteilung des
MPIK .
Weitere Pressemitteilungen:
- Nature News: Special relativity aces time trial
- Physics Synopsis: Relativity is Right on Time, Again
- Spektrum.de: Relativitätstheorie besteht Test
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: Einsteins Triumph: Relativitätstheorie auf dem Prüfstand
- Science 2.0: Time Dilation And Quantum Electrodynamics – Einstein Wins Again
Heutzutage kann eine Vielzahl exotischer Kerne erzeugt und mit höchster Präzision untersucht werden. Die experimentellen Daten solcher Kerne mit großem N/Z-Verhältnis zeigen, dass die vom mittlerweile über 60 Jahre alten Schalenmodell vorhergesagten Schalenlücken nicht erhalten bleiben und stattdessen "neue" Schalenabschlüsse auftreten. In den letzten zehn Jahren wurde die Region unterhalb von Ca (Z < 20) mit 20 ≤ N ≤ 28 intensiv erforscht und die experimentellen Ergebnisse mit Schalenmodell-Rechnungen bis zu N = 28 verglichen. Kalium-Isotope, die lediglich ein Proton weniger besitzen als die magische Zahl Z = 20, eignen sich hervorragend zur Untersuchung und Überprüfung des Schalenmodells. Da es für die neutronenreichen Kalium-Isotope bislang nur wenige und vor allem widersprüchliche Informationen gibt, muss diese wichtige Region der Nuklidkarte eingehend untersucht werden.
In einem kürzlich in Physical Review C publizierten Artikel berichten J. Papuga et al.
über hochauflösende kollineare Laserspektroskopie von neutronenreichen Kalium-Isotopen
an COLLAPS
an ISOLDE /CERN,
Genf. Aus den Hyperfeinstrukturspektren konnten die
Kernspins und die magnetischen Momente der Grundzustände der K-Isotope bestimmt
werden. Die erhaltenen magnetischen Momente stimmen gut mit Schalenmodell-Rechnungen
überein, die auf effektiven SDPF-NR- bzw. SDPF-U-Wechselwirkungen basieren. Da die Spins
und magnetischen Momente der Grundzustände empfindlich gegenüber der Kernwellenfunktion
sind, eignen sie sich sehr gut, um die Struktur der exotischen Kerne zu untersuchen.
Die gemessene Kalium-Isotopenkette von N = 19 bis zu N = 32 ist von großem Interesse,
weil sie ein Loch im πsd-Orbital aufweist und die zwei Hauptneutronenschalen
N = 20 und N = 28 sowie eine Unterschale bei N = 32 abdeckt.
Das Experiment hatte insbesondere zum Ziel, mehr über die Entwicklung der
1/2+ und 3/2+
Zustände der Kalium-Isotope jenseits der Schalenlücke bei N = 28 zu erfahren. Die
beobachtete Inversion des Kernspins von I = 3/2 nach I = 1/2 bei N = 28 (47,49K) und
die Rückinversion nach I = 3/2 bei N = 32 (51K) lässt sich theoretisch durch die
Entwicklung der Protonen-Orbitale (πsd) erklären, während verschiedene Neutronen-Orbitale
aufgefüllt werden.
Die präsentierten experimentellen Ergebnisse der neutronenreichen Kalium-Isotope
leisten einen wichtigen Beitrag zu künftigen Verbesserungen der effektiven
Schalenmodell-Wechselwirkungen sowie Ab-initio-Berechnungen.
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In der Natur sind Symmetrien weitverbreitet und grundlegend für die moderne Wissenschaft, da sie sehr einfache Beschreibungen komplexer Systeme ermöglichen. In der Kernphysik werden Symmetrien mathematisch mit Hilfe der Gruppentheorie und den Symmetriegruppen, z.B. der speziellen unitären Gruppe vom Grad 3 SU(3), beschrieben. Dynamische Symmetrien (DSs) dienen der Beschreibung der erstaunlich regelmäßigen und einfachen Strukturen, die komplexe Vielteilchensysteme aufweisen. DS werden im Rahmen der Interacting Boson Approximation (IBA) erfolgreich zur Beschreibung der Kernstruktur eingesetzt. Allerdings weicht die überwiegende Mehrheit der Kerne von jeglicher DS ab, weshalb seit Kurzem auch so genannte Partielle Dynamische Symmetrien (PDS) untersucht werden, die die DS brechen, dabei jedoch wichtige Restsymmetrien erhalten. Sie deuten eine möglicherweise umfassendere Rolle der Symmetrien in Kernen an.
In einem kürzlich in Physical Review Letters veröffentlichten Artikel präsentieren R. F. Casten et al. den ersten ausführlichen Test einer Partiellen Dynamischen Symmetrie für Atomkerne. Hierzu wurden für 47 gerade-gerade Kerne in der Region der Seltenen Erden, insbesondere 168Er, die SU(3) PDS-Vorhersagen mit den Daten der Übergangsraten vom Gamma- zum Grundzustandsband B(E2) verglichen. Im Artikel wird die Übereinstimmung der parameterfreien SU(3) PDS mit den Daten der E2-Übergänge diskutiert sowie die charakteristischen Abweichungen erörtert. Die gefundenen Hinweise auf PDS in Atomkernen legen eine deutlich breitere Anwendbarkeit von dynamischen Symmetrien nahe und sprechen für detaillierte Tests anderer PDSs.
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In der Kernphysik bezeichnet man den metastabilen angeregten Zustand eines Atomkerns als Isomer. Grundzustand und Isomer eines Atomkerns besitzen unterschiedliche Ladungsverteilungen, wodurch es zur Verschiebung ihrer atomaren Spektrallinien, der sog. Isomerieverschiebung, kommt. Daher lässt sich der Unterschied der Kernladungsradien zwischen Grundzustand und Isomer über die Messung der Isomerieverschiebung bestimmen. Dies liefert einen hochsensiblen Test für moderne Kernstrukturberechnungen.
In einem kürzlich in Physical Review Letters erschienenen Artikel berichten M. L. Bissell et al. über eine hochpräzise Messung der Isomerieverschiebung zwischen Grundzustand und Isomer des selbstkonjugierten Kerns 38K mittels kollinearer Laserspektroskopie an CERN-ISOLDE , Genf. Die Änderung des mittleren quadratischen Ladungsradius des metastabilen 38Km (Iπ = 0+) gegenüber dem Grundzustand 38Kg (Iπ = 3+) wurde zu +0.100(6) fm2 bestimmt. Diese direkte Messung ist um eine Größenordnung genauer als das Ergebnis einer früheren indirekten Messung. In diesem Experiment fanden Behr et al. 1997 im Gegensatz zu der neuen direkten Messung, dass beide langlebigen Zustände von 38K innerhalb der Fehlergrenzen gleiche Ladungsradien besitzen. Zudem folgerten sie aus detaillierten Berechnungen, dass der Grundzustand von 38K um 0.014 fm2 größer als das Isomer sein sollte. Dies widerspricht dem direkt gemessenen Unterschied.
M. L. Bissell et al. zeigen in ihrem Artikel, dass die direkt bestimmte Richtung und Größe der Isomerieverschiebung bzw. die Zunahme des mittleren quadratischen Ladungsradius in 38Km phänomenologisch beschrieben werden kann, wenn man Proton-Neutron-Paarkorrelationen analog zu Proton-Proton- und Neutron-Neutron-Paarkorrelationen berücksichtigt.
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Ionenspeicherringe sind vielseitige Anlagen, die ideal für hochpräzise Massenmessungen von kurzlebigen Nukliden geeignet sind. Da die Massen exotischer Kerne unverzichtbare Größen für Kernstrukturuntersuchungen und Astrophysik sowie für die Untersuchung fundamentaler Symmetrien darstellen, werden weltweit große theoretische und experimentelle Anstrengungen unternommen, um den Bereich der bekannten Massen auszudehnen. Hierzu werden äußerst empfindliche und schnelle Techniken eingesetzt, z.B. die Isochrone Massenspektrometrie (IMS), die am Experimentierspeicherring ESR der GSI Darmstadt erstmals eingesetzt wurde.
Im isochronen Modus eines Speicherrings ist die Umlaufzeit von Ionen mit dem gleichen Masse-Ladungs-Verhältnis unabhängig von ihrer Geschwindigkeit. Der Unterschied der Umlaufzeit eines gespeicherten Ions verglichen mit einer Referenzzeit ist direkt mit dem Unterschied seines Masse-Ladungs-Verhältnisses verknüpft. Daher erfordert eine Massemessung die genaue Bestimmung der Umlaufzeiten (Frequenzen) der gespeicherten Ionen. Ionen mit identischen Masse-Ladungs-Verhältnissen können in einem Speicherring nicht aufgelöst werden.
In einem kürzlich in Physics Letters B erschienenen Artikel präsentieren P. Shuai et al. eine neue Methode, mit deren Hilfe Ionen mit identischen Masse-Ladungs-Verhältnissen in einem Speicherring aufgelöst werden können. Das Experiment wurde am HIRFL-CSR-Beschleunigerkomplex im Institute of Modern Physics (IMP), Chinese Academy of Sciences (CAS) durchgeführt. Hierbei kam die Kombination aus Schwerionen-Synchrotron CSRm, in-flight-Fragment-Separator RIBLL2 und Experimentierspeicherring CSRe zum Einsatz. Die Methode der Isochronen Massenspektrometrie wurde auf Fragmente von 58Ni-Projektilen, insbesondere 51Co27+ und 34Ar18+, angewendet.
Da die Masse-Ladungs-Verhältnisse von 51Co27+ und 34Ar18+ nahezu identisch sind, können sie nicht durch ihre Umlaufzeiten aufgelöst werden. Allerdings besitzen sie unterschiedliche Signalamplituden aufgrund des unterschiedlichen Energieverlustes der Ionen in der Detektorfolie, der in erster Ordnung mit q2 ansteigt. Diese Ladungsabhängigkeit wurde genutzt, um die Peaks von 51Co27+ und 34Ar18+ aufzulösen und daraus ihre Umlaufzeiten zu extrahieren, womit die Bestimmung ihrer Massen möglich war. Der erneut gemessene Massenexzess von 34Ar ME(34Ar) = −18 379(15) keV stimmt hervorragend mit dem von F. Herfurth et al. (2001) unabhängig gemessenen Wert überein. Der Massenexzess von 51Co konnte zum ersten Mal bestimmt werden und beträgt ME(51Co) = −27 342(48) keV. Der neue Massewert von 51Co ist für die Untersuchung des Einflusses von den Isospin nicht erhaltenden Wechselwirkungen in Kernen mit fp-Schale äußerst wichtig.
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Superschwere Nuklide verdanken ihre Existenz allein quantenmechanischen Schaleneffekten, die in schweren Kernen stärker zum Tragen kommen, indem sie die Lebensdauer von Kernen in der Nähe der Schalenabschlüsse erheblich erhöhen. Die sogenannte "Insel der Stabilität" der superschweren Kerne befindet sich gemäß Vorhersage nahe dem nächsten sphärischen Schalenabschluss jenseits des doppelt magischen Kerns 208Pb. Ihre Lage in der Nuklidkarte wurde bei unterschiedlichen Kernladungszahlen vorhergesagt, einige Vorhersagen favorisieren Z = 114, andere hingegen Z = 120 oder 126. In den letzten Jahren haben Kernstrukturuntersuchungen von direkten hochpräzisen Penningfallen-Massenmessungen an radioaktiven Nukliden sowohl in der neutronenreichen und neutronenarmen Region als auch in der Region der schwersten Elemente profitiert. Insbesondere die Ergebnisse an der SHIPTRAP-Anlage an der GSI Darmstadt ermöglichten die Festlegung neuer Ankerpunkte in den α-Zerfallsketten, wodurch der Einfluss von Kernübergangsmessungen auf die Massen der superschweren Nuklide verringert werden konnte. Um die Lage der "Insel der Stabilität" exakt eingrenzen zu können, werden noch mehr experimentelle Daten benötigt.
In einem kürzlich in Physical Review C veröffentlichten Artikel berichten M. Eibach et al. über die direkten hochpräzisen Massenmessungen von den vier transuranen Nukliden 241,243Am, 244Pu, und 249Cf, die in der Nähe des deformierten Neutronenschalenabschlusses N = 152 liegen. Die Messungen wurden mit dem Doppel-Penningfallen-Massenspektrometer TRIGA-TRAP durchgeführt, welches Teil des TRIGA-SPEC-Experiments am Forschungsreaktor TRIGA Mainz ist. An TRIGA-TRAP werden die Ionen in einer weiterentwickelten Laserablationsionenquelle, die mit einem Puffergas gefüllten Miniaturquadrupol ausgestattet ist, erzeugt und in zwei Penningfallen gespeichert. Zunächst werden sie in einer zylindrischen Penningfalle für massenselektives Puffergaskühlen mit Helium gespeichert, um die Bewegungsamplitude zu verringern und die gewünschte Ionenspezies zu selektieren. Danach werden diese Ionen zur Massenmessung in eine hyperbolische Penningfalle geleitet. Die Messung basiert auf der Bestimmung der freien Zyklotronfrequenz νc des Ions mit dem Ladungs-zu-Masse-Verhältnis q/m, das in einem Magnetfeld der Stärke B = 7 T gespeichert ist. Hierfür wird die Flugzeit-Resonanzmethode (TOF-ICR) unter Verwendung der Ramsey-Anregungsmethode eingesetzt. Es wird die Flugzeit der Ionen zu einem MCP-Detektor außerhalb des Magnetfelds in Abhängigkeit der Anregungsfrequenz gemessen. Kohlenstoffcluster dienen hierbei als Massereferenz.
Die Ergebnisse der TRIGA-TRAP-Messungen bestätigen die Massewerte von 241,243Am und 244Pu der jüngsten Atomic-Mass Evaluation "AME2012" innerhalb einer Standardabweichung. Für die Masse von 249Cf wurde ein Unterschied von mehr als drei Standardabweichungen beobachtet, was sich sogar auf die absoluten Massen in der Region der superschweren Elemente auswirkt. Die Einführung der Massewerte in das AME2012-Netzwerk führt zu einer verminderten Masseunsicherheit für 84 Nuklide.
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Das beobachtbare Universum besteht überwiegend aus Materie. Da jedes Teilchen gemeinsam mit seinem korrespondierenden Antiteilchen erzeugt wird und sich solche Teilchen-Antiteilchen-Paare gegenseitig vernichten, muss es unmittelbar nach der Entstehung des Universums etwas mehr Materie als Antimaterie gegeben haben, so dass sämtliche Antimaterie vernichtet wurde und nur Materie übrig blieb. Die fundamentale CPT-Symmetrie (C:Ladung, P:Parität, T:Zeit) des Standardmodells der Teilchenphyisk impliziert die exakte Übereinstimmung der Eigenschaften eines Teilchens und seines Antiteilchens. Deshalb könnte die Messung kleinster Unterschiede zwischen den Eigenschaften beispielsweise eines Protons und denen seines Antiteilchens, dem Antiproton, dabei helfen, die Materie-Antimaterie-Asymmetrie unseres Universums zu erklären.
Eine der grundlegendsten Eigenschaften des Protons ist sein magnetisches Moment μp. Der direkte
hochpräzise Vergleich des magnetischen Moments des Protons mit dem des Antiprotons ermöglicht einen
präzisen Test der Materie-Antimaterie-Symmetrie im baryonischen Sektor.
Der bislang genaueste Wert für μp mit einer Präzision von 10 p.p.b
wurde 1972 indirekt mit Hilfe von Maserspektroskopie an Wasserstoff in einem Magnetfeld gewonnen.
Direkte Messungen des magnetischen Moments einzelner Elektronen bzw. Positronen in einer
Penningfalle konnten bereits 1987 erfolgreich durchgeführt werden. Der Einsatz von Penningfallen
zur Messung des magnetischen Moments eines einzelnen Protons ist eine große Herausforderung, da
μp etwa 700-mal kleiner ist als μe. Die Bestimmung
des magnetischen Moments eines einzelnen Protons in einer Penningfalle beruht auf der Messung des Frequenzverhältnisses der Larmorfrequenz
(νL) und der Zyklotronfrequenz (νc). νc erhält man aus dem Invarianztheorem
und νL kann mittels des sogenannten kontinuierlichen Stern-Gerlach-Effekts gemessen werden.
Hierzu wird der Penningfalle ein sehr starkes inhomogenes Magnetfeld (magnetische Flasche)
überlagert, welches das magnetische Spinmoment des Protons an seine Axialbewegung koppelt. Eine
solche direkte Messung von μp in einer Penningfalle mit einer magnetischen Flasche wurde im Jahr
2012 durchgeführt. Die magnetische Flasche führt allerdings zu einer deutlichen Linienverbreiterung
der Larmorresonanz und limitiert damit die experimentelle Genauigkeit, die geringer ist als die
der erwähnten indirekten Bestimmungsmethode.
In einem jüngst in der Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlichten Letter berichten A. Mooser et al. über die direkten hochpräzisen Messungen des magnetischen Moments des Protons an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Zur Reduzierung der Linienverbreiterung der Lamorfrequenz wurde ein Doppel-Penningfallen-Aufbau entwickelt. Dieser besteht aus zwei getrennten Penningfallen, einer Analysefalle und einer Präzisionsfalle, die durch Transportelektroden verbunden sind. Die Detektion des Spinzustands erfolgt in der Analysefalle mit der überlagerten starken magnetischen Flasche. Die Messung der Zyklotronfrequenz sowie die Anregung von Spin-Flips bei der Larmorfrequenz werden in der Präzisionsfalle durchgeführt, in der ein um einige Größenordnungen homogeneres Magnetfeld vorliegt. Hierdurch wird die Linienbreite der Larmorresonanz drastisch reduziert, so dass diese elegante Doppel-Penningfallen-Technik die Messgenauigkeit signifikant erhöht. Das Ergebnis des Doppel-Penningfallen-Experiments von A. Mooser et al. ist 3-mal genauer als der 42 Jahre alte Wert aus der indirekten Bestimmung und etwa 760-mal präziser als andere direkte Penningfallen-Messungen einzelner Protonen.
Die beschriebene Doppel-Penningfallen-Technik kann auch zur Messung des magnetischen Moments des Antiprotons mit vergleichbarer Genauigkeit verwendet werden. Der Vergleich beider Werte wird einen empfindlichen Test der CPT-Symmetrie im Baryonen-Sektor liefern. Die Messung des magnetischen Moments des Antiprotons wird im Rahmen des BASE-Experiments am Antiproton-Decelerator am CERN in Genf durchgeführt werden.
Weitere Informationen finden Sie im "Nature"-Letter ... >
Lesen Sie auch die Pressemitteilungen der Max-Planck-Gesellschaft , des MPIK , der Johannes Gutenberg-Universität Mainz , der GSI Darmstadt , des RIKEN-Instituts , des CERN Courier und den Artikel der "Nature" News .
Weitere Pressemitteilungen:
Der Artikel "Precision atomic physics techniques for nuclear physics with radioactive beams" von Klaus Blaum, Jens Dilling und Wilfried Nörtershäuser wurde von den Editoren der Zeitschrift "Physica Scripta" in die exklusive Kollektion der "Highlights 2013" aufgenommen. Für diese Highlight-Kollektion werden Artikel entsprechend der Befürwortung durch die Gutachter und aufgrund ihrer wissenschaftlichen Neuheit, ihres wissenschaftlichen Einflusses sowie der Breite ihrer Wirkung ausgewählt.
Der ausgezeichnete Artikel ist eine der einflussreichsten Arbeiten, die im Jahr 2013 in Physica Scripta erschienen sind. Er basiert auf den Beiträgen der Autoren zum Nobel Symposium on “Physics with Radioactive Beams” in Göteborg, Sweden, June 10-15, 2012. Im Artikel werden die Grundprinzipien von Penningfallen- und Speicherring-Massenspektrometrie sowie Laserspektroskopie von radioaktiven Kernen zusammengefasst. Außerdem werden der bedeutende Fortschritt in diesen Feldern in den vergangenen zehn Jahren und ausgewählte physikalische Resultate beschrieben, von denen viele Bereiche der Kernphysik profitieren.
Weiterführende Links:
Mittlere quadratische Ladungsradien von Atomkernen in der Region von Calcium (Z=20) sind bereits Gegenstand intensiver experimenteller und theoretischer Untersuchungen gewesen. Bis heute wissen wir jedoch wenig über die Kerne mit Neutronenzahlen oberhalb von N=28. In dieser Region werden wesentliche strukturelle Veränderungen vorhergesagt, beispielsweise die Entwicklung von Unterschalenabschlüssen bei N=32 und N=34. Gegenwärtig ist wenig darüber bekannt, wie die Kernladungsradien von der erwarteten strukturellen Entwicklung oberhalb von N=28 beeinflusst würden.
In einem kürzlich in Physics Letters B veröffentlichten Artikel berichten K. Kreim et al. über die Messung der optischen Hyperfeinstruktur und der Isotopieverschiebungen von 38,39,42,44,46–51K relativ zu 47K. Die Messungen wurden mittels kollinearer Laserspektroskopie mit dem COLLAPS -Setup an ISOLDE -CERN, Genf, durchgeführt. Aus den Ergebnissen wurden die Veränderungen der mittleren quadratischen Kernladungsradien abgeleitet.
In der Region der Isotopieketten unterhalb von N=28 zeigt das verhalten des quadratischen Mittelwerts der Ladungsradien eine erstaunlich starke Abhängigkeit von der Kernladungszahl Z. Bislang konnte kein einzelnes theoretisches Modell dieses verhalten vollständig beschreiben. Schalenmodell-Berechnungen zufolge besetzen die Protonen und Neutronen in der Calcium-Region bis zu N=28 dieselben Orbitale, was ein komplexes Wechselspiel zwischen Neutronen- und Protonenkonfigurationen zur Folge hat. Oberhalb von N=28 zeigen die Veränderungen der mittleren quadratischen Radien eine geringe oder keine Abhängigkeit von Z. Die vorliegenden Messdaten lassen keinerlei Schluss auf einen möglichen Schalenabschluss bei N=32 zu. Die Ergebnisse der mittleren quadratischen Ladungsradien wurden mit theoretischen Berechnungen verglichen, die sowohl nicht-relativistische als auch relativistische Molekularfeldtheorie heranzogen. Keine der Theorien kann den gemessenen parabolischen Kurvenverlauf zwischen N=20 und 28 reproduzieren.
Die durchgeführten Messungen der Hyperfeinstrktur und Isotopieverschiebung konnten den nun verfügbaren Bereich von Kalium-Isotopen auf die Neutronenzahlen N=18–32 ausdehnen und enthüllten den bemerkenswerten oben beschriebenen Unterschied des Verhaltens der mittleren quadratischen Ladungsradien unterhalb und oberhalb von N=28.
Weitere Informationen finden Sie im Artikel ... >
In einem kürzlich in der renommierten Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlichten Artikel berichten unsere Abteilungsmitglieder S. Sturm et al. über die hochpräzise Messung der atomaren Masse des Elektrons. Die exakte Bestimmung der Elektronenmasse wurde durch eine Kooperation von Physikern des Max-Planck-Instituts für Kernphysik, der GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz möglich.
Die exakte Kenntnis der Elektronenmasse ist von großer Bedeutung. Von ihr hängt der genaue Wert fundamentaler Naturkonstanten ab, beispielsweise der Wert der Feinstrukturkonstante alpha, welche die Form und die Eigenschaften von Atomen und Molekülen bestimmt. Die Masse des Elektrons fließt als eine zentrale Größe in das Standardmodell der Physik ein, dessen Gültigkeit nach heutiger Sicht begrenzt ist. Daher kann eine präzise Kenntnis der Elektronenmasse bei der Suche nach "neuer Physik" entscheidend mithelfen.
Auf welche Weise lässt sich das als punktförmig angenommene Elektron präzise wiegen? Grundsätzlich benötigt man beim Wiegen eine Massereferenz zum Vergleich. Im Fall des Elektrons wählten die Physiker den nackten Kern des Kohlenstoff (C)-12-Isotops. Da die Masse von C-12 per Definition exakt bekannt ist, stellt es die ideale Massereferenz dar. Im Experiment paarten die Physiker ein einzelnes Elektron mit einem C-12-Kern. Das so entstandene Kohlenstoffion wurde in einer Penningfalle gespeichert. Das extrem gleichmäßige Magnetfeld in der Penningfalle zwingt das Kohlenstoffion auf eine Kreisbahn. Der Elektronenspin macht im starken Magnetfeld wie ein winziger Kreisel eine Präzessionsbewegung. Die Umlauffrequenz (Zyklotronfrequenz) des Kohlenstoffions in der Penningfalle und die Wackelfrequenz der Elektronenpräzession (Larmorfrequenz) stehen in einem exakten Verhältnis. Aus beiden gemessenen Frequenzen ergibt sich der sog. g-Faktor oder gyromagnetische Faktor, aus dem sich wiederum die Elektronenmasse bestimmen lässt.
Heidelberger Theoretikern um Zoltan Harman aus der Theoriegruppe Christoph Keitels gelang es, den g-Faktor genauer als je zuvor zu berechnen. Dies ermöglichte die exakte Bestimmung der Elektronenmasse.
Das Elektron wiegt gemäß der neuesten Messungen ein 1836,15267377stel der Protonenmasse, was knapp 10-30 Kilogramm entspricht. Die Masse des Elektrons ist nun auf elf Stellen hinter dem Komma genau bekannt. Die Forschungskooperation um die Heidelberger Physiker hat es damit geschafft, den Wert der Masse eines Elektrons um einen Faktor 13 genauer als zuvor zu bestimmen.
Weitere Informationen finden Sie im "Nature"-Artikel ... >
Bitte lesen Sie auch:
- Pressemeldung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik
- Pressemeldung der GSI Darmstadt
- Pressemeldung der Max-Planck-Gesellschaft
- Pressemeldung des idw
- Pressemitteilung der DPG (Pro-Physik)
- Meldung von "bild der wissenschaft"
- FAZ - Physik & Chemie
- Die Welt - Wissen
- Le Figaro - Actualité - Sciences & Environnnement
- SPIEGEL ONLINE WISSENSCHAFT
- myScience - science wire
- scinexx - Wissen aktuell
- CHEMIE.DE - Aktuelles
- Elektronikpraxis - Messtechnik
- Laborpraxis - Grundlagenforschung
- Wissenschaft aktuell - Elementarteilchenphysik
- Welt der Physik - Nachrichten
- Scienceticker - Wissenschaftsnachrichten
- Berliner Morgenpost - Wissen
- Der Tagespiegel - Wissen
- derStandard.at - Wissenschaft
- science.ORF.at - Physik
- Pressemeldung von Phys.Org
- LiveScience News
- Discovery News
- ABC Science News
- Science/AAAS Physics News
- R&D Magazine
- Ars Technica - Science
- ZME Science
- Science News
- Headlines & Global News
- IFL Science
- The Hindu
- EL PAÍS (spanisch)
- AstroNews (russisch)
- Epoch Times (chinesisch)
- AFPBB News (japanisch)
Im Jahr 1989 erhielt Wolfgang Paul gemeinsam mit Hans Dehmelt den Nobelpreis für Physik für die
Entwicklung der Ionenfallen-Technik. Diese führte in den 1980er Jahren zu einer dramatischen
Entwicklung der Präzisionsspektroskopie in der Atomphysik. Im August 2013 hätte Wolfgang Paul
seinen 100. Geburtstag gefeiert. Zu seinem Gedenken ist kürzlich eine Sonderausgabe der
Zeitschrift "Applied Physics B" erschienen.
Unsere Abteilung hat fünf Artikel zu der Sonderausgabe beigetragen, deren Beiträge ein deutlicher
Beleg dafür sind, dass Ionenfallen in der aktuellen Forschung weiter eine sehr
wichtige Rolle spielen:
A. Chaudhuri et al. präsentieren einen Überblick über direkte Massenmessungen von kurzlebigen Nukliden mittels TITAN, einem Penningfallen-Massenspektrometer an TRIUMF, Kanada, welches besonders gut für Präzisionsmessungen von Nukliden mit Halbwertszeiten im Millisekundenbereich geeignet ist.
Weitere Informationen finden Sie im Artikel ... >
S. Eliseev et al. präsentieren einen neuen Ansatz für Massenmessungen an SHIPTRAP, GSI, Darmstadt, mit Empfindlichkeiten von 10-9 für kurzlebige Nuklide mit Halbwertszeiten von deutlich unter einer Sekunde. Die "Phasenuhr" basiert auf der Abbildung der Kreisbewegung der Ionen in einer Penningfalle auf einen ortsauflösenden Detektor. Diese neue Methode ist im Vergleich zur gegenwärtig eingesetzten Flugzeit-Zyklotronresonanz-Methode 25-mal schneller und liefert eine 40-fach bessere Auflösung.
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T. Beyer et al. präsentieren eine technische Beschreibung und die Charakterisierung mit stabilen Ionen des früheren RFQ-Kühlers an MISTRAL/ISOLDE, CERN, einer linearen Paulfalle zur Kühlung von Ionenstrahlen. Sie wurde am TRIGA-SPEC-Experiment am Forschungsreaktor TRIGA in Mainz installiert und in Betrieb genommen und liefert Ionenbündel mit niedriger Emittanz an TRIGA-TRAP und TRIGA-LASER.
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S. Streubel et al. präsentieren die Fortschritte, den aktuellen Stand und Zukunftsperspektiven des THe-Trap-Experiments am MPIK Heidelberg, dessen Ziel die Messung des Tritium/Helium-3-Massenverhältnisses ist, um daraus den Q-Wert des β-Zerfalls von Tritium abzuleiten. Der Q-Wert ist für die Karlsruhe Tritium Neutrino (KATRIN)-Kollaboration von Bedeutung, die ein Spektrometer zur Messung der Masse des Anti-Elektron-Neutrinos aufbaut.
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M. Rosenbusch et al. präsentieren eine Reinigungsmethode für "Verunreinigungen" von Ionenquellen. Solche unerwünschten Ionen mit einer Masse, die der Masse der zu untersuchenden Ionen entspricht, behindern den Erfolg vieler Messungen in der analytischen Massenspektrometrie sowie in Präzisionsmassenmessungen für Atom- und Kernphysik. Zum Nachweis der Wirksamkeit der Reinigungsmethode wurden mit dem ISOLTRAP-Setup an ISOLDE/CERN Demonstrationsversuche durchgeführt.
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Schwefelhexafluorid (SF6) wird wegen seines großen Einfang-Wirkungsquerschnitts für Elektronen üblicherweise in Hochspannungsanlagen und Beschleunigern als gasförmiges Dielektrikum sowie zum Plasmaätzen verwendet. Für diese Anwendungen und für das Verständnis des Abbaus des schädlichen Treibhausgases SF6 in der Erdatmosphäre ist die Erforschung der Gestalt von SF6--Anionen und deren Zerstörung von höchstem Interesse.
In einem kürzlich in Physical Review A erschienenen Artikel berichten S. Menk et al. über die Messung der durch Molekülschwingungen ausgelösten Abtrennung von Elektronen (Vibrational Auto-Detachment, VAD) von angeregten SF6--Anionen. Die SF6--Anionen wurden im extrem hohen Vakuum der kryogenen elektrostatischen Ionenstrahlfalle CTF am Max-Planck-Institut für Kernphysik gespeichert. Die sehr niedrigen Restgasdichten von 104 cm-3 ermöglichten eine ungestörte Beobachtung der Neutralisationsraten aufgrund von VAD über nahezu fünf Größenordnungen und über Zeiten bis zu 100 ms. Dies gestattete die Erforschung des VAD-Prozesses der angeregten SF6--Anionen an der bisher nicht erreichbaren Langzeit- und Niedrigintensitäts-Grenze.
Die experimentellen Daten konnten mithilfe der statistischen Ratentheorie unter Berücksichtigung der C4ν-Distortion von SF6- erfolgreich reproduziert werden. Die bisher unerreichte experimentelle Empfindlichkeit gegenüber den Zerfallskonstanten an der VAD-Schwelle ermöglichte es, aus den Daten die adiabatische Elektronenaffinität von SF6 zu (0.91 ± 0.07) eV zu bestimmen und die kürzlich vorhergesagte C4ν-Symmetrie von SF6- zu bestätigen.
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