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μTEx

Das μTEx Experiment ist eines der weltweit führenden Experimente zur Erforschung der Kerneigenschaften an einzelnen stabilen Ionen in Penningfallen [1]. Im Experiment werden aus Messungen mit einer Genauigkeit von einem Teil in einer Trillionen magnetische Momente, die Größe und das Gewicht einzelner geladener Atome bestimmt. Dabei treffen in einem der stabilsten supraleitenden Magneten Methoden der Laserkühlung, der Mikrowellen Spektroskopie und der Bestimmung von Quantenzuständen an einzelnen Ionen aufeinander [2].

Referenzen

[1]  A. Schneider et al., Nature 606, 878 (2022)
[2]  A. Schneider et al., Ann. Phys. 531, 1800485 (2019)

Die genaue Kenntnis der magnetischen und strukturellen Eigenschaften von Materie auf atomarer und nuklearer Ebene ist sowohl für unser grundlegendes Verständnis der Physik als auch für praktische Anwendungen wie die Kernspinresonanzsonden von größter Bedeutung. Hieraus leiten sich eine Vielzahl an Zielsetzungen in unterschiedlichen Projekten ab, die wir an unserem Experiment verfolgen. Hierzu zählen:

  • Hochpräzise Messung der magnetischen Momente einzelner Kerne sowie Elektronen gebunden an Kernen
  • Bestimmung von fundamentalen Konstanten der Natur – u.A. der Masse des Tritium Kerns und des Elektrons
  • Test des Standard-Modells der Teilchenphysik
  • Test der Vorhersagekraft der Quantenelektrodynamik
  • Überprüfung von Modellen, die Effekte der Kernstruktur beschreiben
  • Entwicklung innovativer Techniken in der Präzisionsphysik, u.A. Laserkühlung und supraleitende Spannungsquellen

Den Kern der Apparatur bildet eine sogenannte Penningfalle. Dabei handelt es sich um ein präzise gefertigtes Messinstrument, welches die Speicherung und zerstörungsfreie Beobachtung von Ionen ermöglicht. Hierzu wird mit der Penningfalle eine genau festgelegte Überlagerung von statischen elektrischen und statischen magnetischen Feldern erzeugt, welche es erlaubt einzelne Ionen in ihrem inneren zu speichern.

In der Folge bildet das Ion gemeinsam mit der Falle ein von uns künstlich hergestelltes Atom, welches sich in vielfältiger Weise manipulieren und mit unterschiedlichsten Methoden untersuchen lässt.

In Abbildung 1 sind exemplarisch die Energieniveaus eines einzelnen einfach geladenen Helium-3 Ions, welches in der Falle gespeichert ist gezeigt. Diese hängen neben den von uns festgelegten Eigenschaften der Penningfalle von spezifischen Eigenschaften des Helium Kerns ab. Umgekehrt bedeutet dies, dass aus der genauen Vermessung dieser Energieniveaus sich die Eigenschaften des Kerns ableiten lassen. Damit werden Messungen der Masse, des magnetischen Moments und der Größe des Kerns möglich.

Wie in Abbildung 2 gezeigt, werden die Messungen in einem Turm von mehreren Penningfallen bestehend aus zylindrischen Elektroden durchgeführt [3]. Die Ionen können mit unterschiedlichen Methoden innerhalb der Falle produziert werden. Zum einen kann eine Glaskugel erhitzt werden, sodass gasförmige Atome wie Helium das Glas durchdringen und anschließend mit Hilfe eines Elektronenstrahls ionisiert werde. Zum anderen kann ein intensiver Laserstrahl auf einen Festkörper gelenkt werden, um ein Plasma zu zünden. Der Fallenturm wird in die kalte Bohrung eines 5 T supraleitenden Magneten platziert und durch thermischen Kontakt mit flüssigem Helium auf 4 K gekühlt. Um Spin-Flips von Elektronen gebunden an Kernen anregen zu können, werden Mikrowellen der Frequenz 150 GHz durch einen Wellenleiter in den Aufbau eingekoppelt. Zusätzlich ermöglicht ein optischer Zugang das Einstrahlen ultravioletter Laserstrahlung, um die Ionen im Weiteren auf wenige mK zu kühlen.

Referenz

[3]  A. Mooser et al., J. Phys.: Conf. Ser. 1138, 012004 (2018)

In einer ersten Studie, siehe [1], untersuchten wir die magnetischen Eigenschaften des Isotops Helium-3, vergleiche Abbildung 3. Zum ersten Mal gelang es hierbei, die elektronischen und nuklearen magnetischen Momente des Helium-3 Ions direkt mit einer relativen Genauigkeit von 10-10 zu messen. Mit einer um zwei Größenordnungen verbesserten Genauigkeit wurde die magnetische Wechselwirkung zwischen Elektron und Kern (Null-Feld-Hyperfeinaufspaltung) bestimmt. Darüber hinaus konnte die Größe eines Helium-3 Kerns bestimmt werden. Die Ergebnisse stellen die erste direkte Kalibrierung für Helium-3-Kernspinresonanzsonden (NMR) dar und sind damit wegweisend in der Metrologie der Magnetfelder.

Referenz

[1]  A. Schneider et al., Nature 606, 878 (2022)

Für die Zukunft erwartet uns eine Vielzahl an technisch innovativen und wissenschaftlich interessanten Projekten, um unser bisheriges Verständnis der Physik auf die Probe zu stellen und gleichzeitig nach neuen physikalischen Phänomenen zu suchen. 

In einem ersten Schritt ist die direkte Messung des magnetischen Moments des nacktenHelium-3-Kerns in einer Penningfalle mit einer relativen Genauigkeit in der Größenordnung von 1 ppb oder besser geplant. Hierzu wollen wird sympathetische Laserkühlung sowie Spannungsquellen basierenden auf den supraleitenden Josephson Effekt in das Experiment integrieren [4].

Darüber hinaus sollen weitere leichte Isotope untersucht werden, um präzise Tests der Quantum Elektrodynamik durchzuführen, fundamentale Massen wie die des Tritium-Kerns oder des Elektrons zu bestimmen, sowie Modelle zur Beschreibung von Kerneffekten zu überprüfen.

Referenz

[4]  M. Bohman et al., Nature 596,514 (2021)

μTEx Gruppenleiter

  • Dr. Andreas Mooser, MPIK Heidelberg
    Tel.: +49 6221 516-653 | E-Mail

μTEx Mitglieder

  • Ute Beutel, MPIK Heidelberg
    Tel.: +49 6221 516-226 | E-Mail
  • Stefan Dickopf, MPIK Heidelberg
    Tel.: +49 6221 516-226 | E-Mail
  • Anton Gramberg, MPIK Heidelberg
    Tel.: +49 6221 516-226 | E-Mail
  • Philipp Justus, MPIK Heidelberg
    Tel.: +49 6221 516-683 | E-Mail
  • Annabelle Kaiser, MPIK Heidelberg
    Tel.: +49 6221 516-653 | E-Mail
  • Ankush Kaushik, extern
    Tel.: +49 6221 516-226 | E-Mail
  • Marius Müller, MPIK Heidelberg
    Tel.: +49 6221 516-683 | E-Mail
5 Direct measurement of the 3He+ magnetic moments

A. Schneider, B. Sikora, S. Dickopf, M. Müller, N. S. Oreshkina, A. Rischka, I. A. Valuev, S. Ulmer, J. Walz, Z. Harman, C. H. Keitel, A. Mooser, and K. Blaum
Nature 606, 878-883 (2022)
 MPIK press release: How magnetic is helium-3?
 MPIK-Pressemitteilung: Wie magnetisch ist Helium-3?
 phys.org: Investigating the magnetic properties of helium-3

4 A Novel Penning‐Trap Design for the High‐Precision Measurement of the 3He2+ Nuclear Magnetic Moment

A. Schneider, A. Mooser, A. Rischka, K. Blaum, S. Ulmer, and J. Walz
Annalen der Physik 531, 1800485 (2019)

3 A New Experiment for the Measurement of the g-Factors of 3He+ and 3He2+.

A. Mooser, A. Rischka, A. Schneider, K. Blaum, S. Ulmer, and J. Walz
Journal of Physics: Conference Series 1138, 012004 (2018)

2 Sympathetic cooling of protons and antiprotons with a common endcap Penning trap.

M. Bohman, A. Mooser, G. Schneider, N. Schön, M. Wiesinger, J. Harrington, T. Higuchi, H. Nagahama, C. Smorra, S. Sellner, K. Blaum, Y. Matsuda, W. Quint, J. Walz, and S. Ulmer
Journal of Modern Optics 65, 601-609 (2018)

1 Double-trap measurement of the proton magnetic moment at 0.3 parts per billion precision.

G. Schneider, A. Mooser, M. Bohman, N. Schön, J. Harrington, T. Higuchi, H. Nagahama, S. Sellner, C. Smorra, K. Blaum, Y. Matsuda, W. Quint, J. Walz, and S. Ulmer
Science 358, 1081-1084 (2017)