H.E.S.S. entdeckt Radiogalaxie im Gammalicht

 

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Einem internationalen Team von Astrophysikern ist es erstmals gelungen, sehr hochenergetische Gammastrahlung von dem nächstgelegenen aktiven Galaxienkern in der Radiogalaxie Centaurus A nachzuweisen.  Die schwache Strahlung wurde von den H.E.S.S.-Teleskopen in Namibia entdeckt, einem der empfindlichsten Instrumente der Hochenergieastrophysik.
(Veröffentlicht in The Astrophysical Journal Letters)

Image Cen A
Multiwellenlänge Aufnahme von Centaurus A im Optischen, Submillimeter und Röntenbereich (nicht hochenergetische Gammastrahlung).
- Credit: ESO/WFI (Optical); MPIfR/ESO/APEX/A.Weiss et al. (Submillimetre); NASA/CXC/CfA/R.Kraft et al. (X-ray).
- Details zum Bild, höhere Auflösung, …
 
Gamma-Strahlung: Gamma-Strahlung ist elektromagnetische Strahlung, wie auch sichtbares Licht oder Röntgen­strahlung, jedoch mit einer viel höheren Energie. Die Energie des sichtbaren Lichts liegt im Bereich eines Elektronvolts (1 eV), einer Energie-Einheit der Physiker. Röntgen­strahlen haben einige 100 eV bis einige zig-tausend eV. H.E.S.S. weist Gamma-Strahlen mit Energien bis zu tausend Milliarden eV nach, auch Tera-Elektronvolt (TeV) genannt. Diese sehr hoch­energetischen Gamma-Strahlen sind sehr selten: sogar im Falle starker Quellen trifft nur etwa ein Gamma-Quant pro Monat pro Quadratmeter auf unsere Erdatmosphäre.
Aktive Galaxien sind die energie­reichsten Objekte im Universum; in ihrem Zentrum wird ein supermassives schwarzes Loch vermutet.  In dessen Umgebung werden geladene Teilchen (Elektronen und Protonen) auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, die dann in Form gewaltiger Teilchen­ströme, sogenannter Jets, in entgegengesetzte Richtungen heraus­schießen.  Centaurus A im Sternbild Zentaur ist eine der hellsten Galaxien an unserem Nachthimmel und zugleich die nächstgelegene Radiogalaxie mit einem aktiven Kern. Diese Nähe ermöglicht einzigartige Studien des aktiven Galaxienkerns und seiner Umgebung.  Centaurus A nimmt am Himmel eine Fläche ein, die mehr als 100 Mal so groß ist wie der Vollmond allerdings leuchtet diese ausgedehnte Struktur nur im Radiobereich und ist daher mit dem bloßen Auge nicht zu beobachten.

Die Teleskope des High Energy Stereoscopic System (H.E.S.S.) in Namibia haben nun zum ersten Mal hochenergetische Gammastrahlung von Centaurus A beobachtet.  H.E.S.S. besteht aus vier identischen Teleskopen mit einem Spiegeldurchmesser von 13 m und wird von einer internationalen Kooperation betrieben.  Ultraschnelle Kameras registrieren die schwachen blauen Lichtblitze, die ausgesandt werden, wenn Gammaquanten in der Erdatmosphäre absorbiert werden und Kaskaden von subatomaren Teilchen, sogenannte Teilchenschauer, erzeugen.

Die von Centaurus A nachgewiesene hochenergetische Gammastrahlung ist so schwach, dass mehr als 100 Stunden Beobachtungszeit notwendig waren, um ein Bild zu erhalten.  Die Strahlung kommt aus Richtung des Zentrums der Galaxie und den inneren Regionen der Jets.  Mit den bisherigen Daten lässt sich die genaue Herkunft der Strahlung aber noch nicht ermitteln.  Diese Gammastrahlung ist eine Billion Mal energiereicher als sichtbares Licht und entsteht vermutlich, wenn die in der Umgebung eines schwarzen Lochs extrem beschleunigten Teilchen anschließend mit Strahlungsfeldern oder der umgebenden Materie reagieren.

Die Entdeckung hochenergetischer Gammastrahlung von Centaurus A wirft die Frage auf, ob die Emission von Gammastrahlung vielleicht eine grundlegende Eigenschaft aller aktiven Galaxienkerne ist.  Um diese Frage zu beantworten, sind weitere Beobachtungen von Centaurus A und anderer aktiver Galaxienkerne notwendig.  Sollte das der Fall sein, könnten zukünftige Instrumente mit höherer Empfindlichkeit weitaus mehr Quellen entdecken als bisher angenommen und so zur Aufklärung der zugrunde liegenden Prozesse beitragen.

Ein großes Teleskop mit 30 m Spiegeldurchmesser zur Erweiterung von H.E.S.S. ist schon im Aufbau und soll 2010 die Beobachtungen aufnehmen.  Für die weitere Zukunft ist außerdem das europäische Projekt Cherenkov Telescope Array (CTA) geplant.  Dabei handelt es sich um ein Observatorium für hochenergetische Gammastrahlung, das aus etwa 100 Teleskopen besteht und eine zehn Mal höhere Empfindlichkeit im Vergleich zu bestehenden Instrumenten erreicht.

Links:

Kontakt-Adressen:

Dr. Martin Raue
Prof. Dr. Werner Hofmann
Prof. Dr. Felix Aharonian
Max-Planck-Institut für Kernphysik, Heidelberg,
DEUTSCHLAND
FA auch am
Dublin Institute for Advanced Studies,
IRLAND
Tel    MR:    +49 6221 516470
        WH:    +49 6221 516330
        FA:     +49 6221 516485

Jean-Philippe Lenain
LUTh – Observatoire de Paris Meudon, FRANKREICH
Tel     +33 1 4507 7419
  H.E.S.S. telescopes
H.E.S.S. Teleskope:  Eines der vier identischen H.E.S.S. Teleskope in Namibia. Eine hochempfindliche Kamera registriert die schwachen Lichtblitze, die erzeugt werden, wenn ein Gamma-Photon in der Atmopshäre absorbiert wird und sich daraus eine Teilchenkaskade entwickelt.  Credit: H.E.S.S. 
Zu H.E.S.S.


Die Forschergruppe: Der internationalen Forschergruppe des High Energy Stereoscopic System (H.E.S.S.) gehören Wissenschaftler aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Tschechien, Polen, Armenien, Südafrika und Namibia an.

Das Experiment: Die Resultate wurden mit den Teleskopen des High Energy Stereoscopic System (H.E.S.S.) in Namibia (Süd-West-Afrika) erzielt. Dieses System, bestehend aus vier Teleskopen mit einem Spiegeldurchmesser von je 13 m, ist zur Zeit das empfindlichste Instrument zur Messung sehr hochenergetischer kosmischer Gamma-Strahlung. Diese Strahlung wird in der Erdatmosphäre absorbiert, wobei ein kurzlebiger Schauer aus vielen Millionen Teilchen entsteht. Die Teilchen senden hierbei sehr kurze (wenige Nanosekunden) und schwache Lichtblitze aus (sogenanntes Tscherenkow-Licht), welches von den extrem empfindlichen Kameras der H.E.S.S.-Teleskope aufgezeichnet wird. Jedes Bild entspricht einem einzelnen Gamma-Photon und aus der aufgezeichneten Lichtmenge lässt sich dessen Energie bestimmen. Durch die Kombination aller aufgezeichneten Ereignisse erhält man ein Bild des Himmels bei sehr hohen Energien.

Die H.E.S.S.-Teleskope wurden in mehreren Jahren von einem internationalen Team aus über 100 Wissenschaftlern und Technikern aufgebaut. Das Experiment wurde im September 2004 durch den Namibianischen Premierminister Theo-Ben Gurirab eingeweiht und schon die ersten Resultate stellten wichtige Entdeckungen dar, wie beispielsweise das erste astronomische Bild einer Schockwelle in einer Supernova in den höchsten Gamma-Energien.

Pläne für die Zukunft: Die an H.E.S.S. beteiligten Wissenschaftler arbeiten weiter am Ausbau und an der Verbesserung der Teleskope. Die Installation eines weiteren, riesigen zentralen Teleskops mit einem Spiegeldurchmesser von 30 m(!) hat begonnen. Das verbesserte System (H.E.S.S.-II genannt) wird noch sensitiver sein und gleichzeitig einen größeren Energiebereich der Gamma-Strahlung abdecken, so dass der Katalog der hochenergetischen Gamma-Quellen um zahlreiche Objekte erweitert werden wird.

An H.E.S.S. beteiligte Institute in Deutschland:
Max-Planck-Institut für Kernphysik, Heidelberg, Germany
            http://www.mpi-hd.mpg.de/
• Humboldt Universität Berlin, Germany   
            http://www.hu-berlin.de/
• Ruhr-Universität Bochum, Germany       
            http://www.ruhr-uni-bochum.de/
• Universität Hamburg, Germany       
            http://www.uni-hamburg.de/
• Landessternwarte Heidelberg, Germany   
            http://www.lsw.uni-heidelberg.de/
• Universität Tübingen, Germany, Institut für Astronomie und Astrophysik (IAAT)
            http://astro.uni-tuebingen.de/
• Universität Erlangen-Nürnberg, Germany
            http://www.uni-erlangen.de/
Fotografie der H.E.S.S.-Teleskope