Einem
internationalen Team von Astrophysikern ist es erstmals gelungen, sehr
hochenergetische Gammastrahlung von dem nächstgelegenen aktiven
Galaxienkern in der Radiogalaxie Centaurus A nachzuweisen.
Die schwache Strahlung wurde von den H.E.S.S.-Teleskopen in Namibia
entdeckt, einem der empfindlichsten Instrumente der
Hochenergieastrophysik.
(Veröffentlicht in The Astrophysical Journal Letters)
Aktive
Galaxien sind die energiereichsten Objekte im Universum; in ihrem
Zentrum wird ein supermassives schwarzes Loch vermutet. In dessen
Umgebung werden geladene Teilchen (Elektronen und Protonen) auf nahezu
Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, die dann in Form gewaltiger
Teilchenströme, sogenannter Jets, in entgegengesetzte Richtungen
herausschießen. Centaurus A im Sternbild Zentaur ist eine
der hellsten Galaxien an unserem Nachthimmel und zugleich die
nächstgelegene Radiogalaxie mit einem aktiven Kern. Diese Nähe
ermöglicht einzigartige Studien des aktiven Galaxienkerns und seiner
Umgebung. Centaurus A nimmt am Himmel eine Fläche ein, die
mehr als 100 Mal so groß ist wie der Vollmond allerdings leuchtet diese
ausgedehnte Struktur nur im Radiobereich und ist daher mit dem bloßen
Auge nicht zu beobachten.
Die Teleskope des High Energy
Stereoscopic System (H.E.S.S.) in Namibia haben nun zum ersten Mal
hochenergetische Gammastrahlung von Centaurus A beobachtet.
H.E.S.S. besteht aus vier identischen Teleskopen mit einem
Spiegeldurchmesser von 13 m und wird von einer internationalen
Kooperation betrieben. Ultraschnelle Kameras registrieren die
schwachen blauen Lichtblitze, die ausgesandt werden, wenn Gammaquanten
in der Erdatmosphäre absorbiert werden und Kaskaden von subatomaren
Teilchen, sogenannte Teilchenschauer, erzeugen.
Die von
Centaurus A nachgewiesene hochenergetische Gammastrahlung ist so
schwach, dass mehr als 100 Stunden Beobachtungszeit notwendig waren, um
ein Bild zu erhalten. Die Strahlung kommt aus Richtung des
Zentrums der Galaxie und den inneren Regionen der Jets. Mit den
bisherigen Daten lässt sich die genaue Herkunft der Strahlung aber noch
nicht ermitteln. Diese Gammastrahlung ist eine Billion Mal
energiereicher als sichtbares Licht und entsteht vermutlich, wenn die
in der Umgebung eines schwarzen Lochs extrem beschleunigten Teilchen
anschließend mit Strahlungsfeldern oder der umgebenden Materie
reagieren.
Die Entdeckung hochenergetischer Gammastrahlung
von Centaurus A wirft die Frage auf, ob die Emission von
Gammastrahlung vielleicht eine grundlegende Eigenschaft aller aktiven
Galaxienkerne ist. Um diese Frage zu beantworten, sind weitere
Beobachtungen von Centaurus A und anderer aktiver Galaxienkerne
notwendig. Sollte das der Fall sein, könnten zukünftige
Instrumente mit höherer Empfindlichkeit weitaus mehr Quellen entdecken
als bisher angenommen und so zur Aufklärung der zugrunde liegenden
Prozesse beitragen.
Ein großes Teleskop mit 30 m
Spiegeldurchmesser zur Erweiterung von H.E.S.S. ist schon im Aufbau und
soll 2010 die Beobachtungen aufnehmen. Für die weitere Zukunft
ist außerdem das europäische Projekt Cherenkov Telescope Array (CTA)
geplant. Dabei handelt es sich um ein Observatorium für
hochenergetische Gammastrahlung, das aus etwa 100 Teleskopen besteht
und eine zehn Mal höhere Empfindlichkeit im Vergleich zu bestehenden
Instrumenten erreicht.
Links:
Zu H.E.S.S.
Die Forschergruppe:
Der internationalen Forschergruppe des High Energy Stereoscopic System
(H.E.S.S.) gehören Wissenschaftler aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien,
Irland, Tschechien, Polen, Armenien, Südafrika und Namibia an.
Das Experiment:
Die Resultate wurden mit den Teleskopen des High Energy Stereoscopic System
(H.E.S.S.) in Namibia (Süd-West-Afrika) erzielt. Dieses System, bestehend aus
vier Teleskopen mit einem Spiegeldurchmesser von je 13 m, ist zur Zeit das
empfindlichste Instrument zur Messung sehr hochenergetischer kosmischer
Gamma-Strahlung. Diese Strahlung wird in der Erdatmosphäre absorbiert, wobei
ein kurzlebiger Schauer aus vielen Millionen Teilchen entsteht. Die Teilchen
senden hierbei sehr kurze (wenige Nanosekunden) und schwache Lichtblitze aus
(sogenanntes
Tscherenkow-Licht), welches von den extrem empfindlichen Kameras
der H.E.S.S.-Teleskope aufgezeichnet wird. Jedes Bild entspricht einem
einzelnen Gamma-Photon und aus der aufgezeichneten Lichtmenge lässt sich dessen
Energie bestimmen. Durch die Kombination aller aufgezeichneten Ereignisse
erhält man ein Bild des Himmels bei sehr hohen Energien.
Die H.E.S.S.-Teleskope wurden in mehreren Jahren von einem internationalen Team
aus über 100 Wissenschaftlern und Technikern aufgebaut. Das Experiment wurde
im September 2004 durch den Namibianischen Premierminister Theo-Ben Gurirab
eingeweiht und schon die ersten Resultate stellten wichtige Entdeckungen dar,
wie beispielsweise das erste astronomische Bild einer Schockwelle in einer
Supernova in den höchsten Gamma-Energien.
Pläne für die Zukunft:
Die an H.E.S.S. beteiligten Wissenschaftler arbeiten weiter am Ausbau und an
der Verbesserung der Teleskope. Die Installation eines weiteren, riesigen
zentralen Teleskops mit einem Spiegeldurchmesser von 30 m(!) hat begonnen. Das
verbesserte System (H.E.S.S.-II genannt) wird noch sensitiver sein und
gleichzeitig einen größeren Energiebereich der Gamma-Strahlung abdecken, so
dass der Katalog der hochenergetischen Gamma-Quellen um zahlreiche Objekte
erweitert werden wird.