HESS Telescopes

<English Version>
<French Version>

Neue Einblicke in die Milchstrasse

H.E.S.S. Teleskope entdecken unbekannte Quellen hochenergetischer Gammastrahlung

Ein Team internationaler Wissenschaftler hat mit dem H.E.S.S-Teleskopsystem acht neue Quellen hochenergetischer Gammastrahlung gefunden. Hochenergetische Gammastrahlung ist eine Form elektromagnetischer Strahlung aus dem Kosmos – ein für menschliche Augen nicht sichtbares Licht mit einer Energie, die tausend Milliarden mal größer ist als die Energie des sichtbaren Lichts. Mit der Entdeckung des H.E.S.S.- Forscherteams hat sich die Anzahl bisher bekannter Quellen nahezu verdoppelt. Die überraschenden Forschungsergebnisse werden in der nächsten Ausgabe der internationalen Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Die Atmosphäre unserer Erde wird ständig von einem Strom hochenergetischer nuklearer Teilchen aus dem Weltraum getroffen - der kosmischen Strahlung. Kosmische Strahlung gilt allgemein als Triebfeder für die Entwicklung des Weltalls und als einer der Motoren der Evolution, denn durch sie wird durch genetische Veränderungen in Pflanzen und Tieren die Entwicklung des Lebens auf der Erde vorangetrieben. Entdeckt wurde die kosmische Strahlung bereits 1912 von Viktor Hess, der für diese Entdeckung 1936 den Nobelpreis für Physik erhielt. Doch die Ursprünge der Strahlung aus dem All bleiben verboren. Die Suche nach den Quellen der kosmischen Strahlung beschäftigt Wissenschaftler nun seit fast hundert Jahren. Ein Hinweis auf mögliche Quellen ist der Nachweis hochenergetischer Gammastrahlung. Dort wo sie auftritt, vermutet man auch Quellen der kosmischen Strahlung.

Das High Energy Stereoscopic System (H.E.S.S.), ein System aus vier Teleskopen, gebaut speziell für den Nachweis der hochenergetischen Gammastrahlung, steht im Khomas Hochland von Namibia. Von dort haben die Wissenschaftler einen nahezu idealen Blick auf den zentralen Bereich der Milchstrasse. Das erst im Dezember 2003 in Betrieb genommene H.E.S.S.–Teleskopsystem ist deutlich empfindlicher als bisherige Teleskope und ermöglicht es erstmals, nicht nur punktuell nach Quellen hochenergetischer Gammastrahlung zu suchen, sondern den gesamten Bereich der zentralen Milchstraße zu betrachten.

Schon die ersten derartigen Beobachtungen brachten ungeahnte Erfolge. Bisher waren etwa zwölf Quellobjekte hochenergetischer Strahlung bekannt. Den H.E.S.S.-Forschern ist es nun gelungen, eine neue Population von acht Quellen dieser Strahlung finden.

"Wir haben gehofft, dass wir mit einem Instrument wie H.E.S.S. neue Quellen entdecken würden. Dass wir aber sofort solch einen Erfolg haben würden, übertrifft unsere kühnsten Erwartungen", so Stefan Funk vom Max-Planck Institut in Heidelberg.

Das H.E.S.S.–Projekt ist eine internationale Kollaboration mit starker europäischer und vor allem deutscher Beteiligung. Rund hundert Physiker aus acht Ländern und neunzehn Instituten forschen gemeinsam unter Federführung des Max-Planck-Instituts in Heidelberg. Zudem sind vier deutsche Universitäten - Berlin, Bochum, Hamburg und Heidelberg - sowie Universitäten und Forschungseinrichtungen aus Frankreich, England, Irland, Namibia, Armenien und Südafrika am H.E.S.S.-Experiment beteiligt.

Die Entdeckung des internationalen Forscherteams ist nicht nur aufgrund der Anzahl der neuen Quellen beachtlich. Einige der gefundenen Objekte haben die Größe von einigen Lichtjahren - zum Vergleich, die Entfernung von der Erde bis zu unserem nächsten stellaren Nachbaren Alpha Centauri beträgt vier Lichtjahre. Vor allem aber erstaunt es die Wissenschaftler, dass es zu einem Teil der neu entdeckten Quellen kein Gegenstück in anderen Energiebereichen gibt. Diese Quellen lassen sich scheinbar nur im Gammastrahlungsbereich, nicht aber im sichtbaren Licht, als Radio- oder Röntgenquellen nachweisen.

"Hier stehen wir vor einem großen Rätsel: Wir haben es mit einer vollkommen  neuen Art von galaktischen Quellen zu tun und haben keine Ahnung, wie die nachgewiesene Gammastrahlung in diesen Objekten erzeugt wird", sagt Stefan Funk.

Mit den neuen Forschungsergebnissen gelang dem H.E.S.S.-Projekt die zweite große Entdeckung in wenigen Monaten. Schon während der Anlaufphase des Experiments konnte das internationale Wissenschaftlerteam, erstmalig ein hochaufgelöstes Bild einer Gammastrahlungsquelle, eines Supernovaüberrestes, erzeugen. Das Fachmagazin "Nature" (432, 75, 2004) berichtete.

Die neuen Entdeckungen sind ein großer Erfolg für die junge Wissenschaft der Gammastrahlungsastronomie. Sie eröffnen den Wissenschaftlern eine neue Sichtweise auf den Kosmos und erlauben tiefe Einblicke in die Ursprünge der kosmischen Strahlung.

Die H.E.S.S. Kollaboration
Das High Energy Stereoscopic System (H.E.S.S.) team besteht aus Wissenschaftlern aus Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Tschechien, Irland, Armenien, Südafrika und Namibia.

Das H.E.S.S. Teleskopsystem


Während der letzten Jahre has die H.E.S.S. Kollaboration ein System von 4 Teleskopen im Khomas Hochland in Namibia gebaut, um hochenergetische Gammastrahlung von Beschleunigern der kosmischen Strahlung studieren zu können. Diese Cherenkov Teleskope, detektieren das Licht, das entsteht wenn hochenergetische kosmische Strahlung auf die Erdatmosphäre trifft und dort absorbiert wird. Die H.E.S.S. Teleskope verfügen jeweils über eine Spiegelfläche von 107 Quadratmetern und sind mit 960 hochsensitiven und extrem schnellen Photo-Detektor Kameras ausgerüstet. Diese Kameras sind in den Brennebenen der Teleskope angebracht. Der Aufbau des Systems begann 2001, das 4. Teleskop wurde im Dezember 2003 in Betrieb genommen. Das H.E.S.S. System is deutlich empfindlicher als alle vorherigen Cherenkov Teleskope.

Kontakt-Adressen

Stefan Funk
Max-Planck Institut für Kernphysik
Saupfercheckweg 1
69117 Heidelberg
Tel +49 6221 516274

Prof. Werner Hofmann
Max-Planck Institut für Kernphysik

Saupfercheckweg 1
69117 Heidelberg
Tel +49 6221 516330

Bilder:





Significance Map of the HESS galactic plane scan

(Hohe Auflösung)
HESS Significance Galactic Plane
(Hohe Auflösung)

Karte der inneren 60 Grad der Galaktischen Ebene im Gammastrahlung-Licht. Die Karte im oberen Teil rechts ist zur besseren Darstellung in 3 Bänder aufgeteilt und ist als ganzes in der unteren Abbildung gezeigt. Die x-Achse entspricht Galaktischen Längengraden mit dem Galaktischen Zentrum bei 0. Die y-Achse entspricht Galaktischen Breitengraden wobei 0 mit der Galaktischen Ebene zusammenfällt. Die Farbskala zeigt die Intensität der hochenergetischen Gammastrahlung an. Im linken oberen Bild sieht man die selbe Karte in einer 3-dimensionalen Darstellung auf der deutlich wird, dass die neuen Quellen sich entlang der Galaktischen Ebene gruppieren. In diesem Bild zeigen die unterschiedlichen Höhen der Peaks die unterschiedlichen Stärken der neuen Quellen der hochenergetischen Gammastrahlung an.

Close up views of the new sources detected by HESS
(Mittlere Auflösung)
(Hohe Auflösung)

Nahaufnahme der neuen Quellen hochenergetischer Gamma-Strahlung, die während des Scans der Galaktischen Ebene detektiert wurden. Eingezeichnet sind als weisse Kreise nahegelegene Supernovaüberreste, die als mögliche Quellen der kosmischen Strahlung gelten (der Radius des Kreises entspricht der Grösse des Supernovaüberrestes). Ebenso in weisser Farbe sind nahegelegene Pulsare eingezeichnet. Diese sind eine bekannte Quellklasse von hochenergetischer Gammastrahlung.


Multiwavelength
Quellen: Optisch: A. Mellinger, Infrarot: S.L. Wheelock, et al. 1994, IRAS Sky Survey Atlas Explanatory Supplement, JPL Publication 94-11
(Hohe Auflösung)

Die Galaktische Ebene in verschiedenen Wellenlängen im Bereich der galaktischen Länge +35 bis -35 und der galaktischen Breite +4 bis -4. Im oberen Bild sieht man das Abbild der Galaktischen Ebene im Infrarot-Bereich, das mit dem IRAS Satelliten aufgeommen wurde. Die galaktische Ebene ist als breiter Streifen klar erkennbar. Diese Infrarot-Strahlung stammt hauptsächlich von interestellaren Staub, der durch die Absorption von Sternlicht erwärmt wird. Im mittleren Bild sieht man ein optisches Bild der Milchstrasse, wie man es auch mit dem blossen Auge sehen kann. Der zentrale Bereich unserer Milchstrasse ist durch interestellaren Staub verdeckt.  Das Licht, das man hier sieht stammt hauptsächlich von uns nahegelegenen Sternen, da zwischen diesen und uns geringere Staubmengen vorhanden sind. Die untere Abbildung zeigt das neue Abbild der Milchstrasse in hochenergetischen Gammastrahlungs wie es mit H.E.S.S. aufgezeichnet wurde. Einzelne Quellen der Gammastrahlung stehen hervor. Die grosse helle Quelle im rechten Drittel des Bildes ist der bekannte Supernovaüberrest RX J1713.7-3946, der kürzlich von H.E.S.S.  in "Nature" (432, 75, 2004) publiziert wurde. Man erkennt deutlich, dass die neuen Quellen sich entlang der Galaktischen Ebene gruppieren.